
US-Verteidigungsminister Hegseth "Die Bedrohung durch China ist real"
US-Verteidigungsminister Hegseth hat in Singapur vor einem Militäreinsatz Chinas in Taiwan gewarnt. Asiatische US-Verbündete sollten daher ihre Verteidigungsfähigkeit erhöhen. Beim Gastgeber sorgte Hegseth mit einem Vergleich für Empörung.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat vor einer schnell wachsenden Bedrohung durch China im Indopazifik-Raum gewarnt. Die USA beobachteten die "destabilisierenden Aktionen" Pekings ganz genau, betonte er bei einer Rede auf einer Sicherheitskonferenz in Singapur - und sprach von "katastrophalen Konsequenzen" im Falle eines chinesischen Angriffs auf Taiwan.
China zählt die Inselrepublik zu seinem Territorium, obwohl das Land seit Jahrzehnten eine von Peking unabhängige und demokratisch gewählte Regierung hat. Die Volksrepublik will sich Taiwan einverleiben und drohte bereits mit dem Einsatz des Militärs, sollte dies nicht auf friedlichem Wege funktionieren. Die Volksrepublik führt immer wieder Militärmanöver im Seegebiet bei Taiwan aus.
Peking sieht die Insel jedoch als sein eigenes Territorium an. Mit seiner Ein-China-Doktrin fordert Peking, dass kein Land diplomatische und andere offizielle Beziehungen zu der Inselrepublik unterhalten darf, wenn es ein normales Verhältnis mit der Volksrepublik pflegen will.
China verzichtete auf Teilnahme an Konferenz
Hegseth hielt seine Rede am zweiten Tag der dreitägigen Sicherheitskonferenz Shangri-La-Dialog in der südostasiatischen Wirtschaftsmetropole. Anders als im vergangenen Jahr fehlte aber dieses Mal der chinesische Verteidigungsminister Dong Jun. Peking verzichtete Beobachtern zufolge damit bewusst auf ein mögliches Treffen mit Hegseth.
"Chinas Armee übt für den Ernstfall", erklärte der Pentagon-Chef. "Wir werden nichts beschönigen - die Bedrohung durch China ist real. Und sie könnte unmittelbar bevorstehen." Es müsse allen klar sein, dass Peking ganz konkret den Einsatz militärischer Gewalt vorbereite, um das Machtgleichgewicht im Indopazifik zu verändern. "Wir wissen, dass (der chinesische Präsident) Xi Jinping sein Militär angewiesen hat, bis 2027 für eine Invasion Taiwans bereit zu sein."
Hegseth: Verteidigungsfähigkeit "schnell erhöhen"
Washington ist einer der wichtigsten Verbündeten Taipehs. In den vergangen 50 Jahren verkauften die USA militärische Ausrüstung und Munition im Milliardenwert an Taiwan, darunter F-16 Kampfflugzeuge und Kampfschiffe.
Hegseth forderte die asiatischen Verbündeten der USA dazu auf, ihre Verteidigungsfähigkeit "schnell zu erhöhen". Die asiatischen Verbündeten sollten sich ein Beispiel an europäischen Ländern wie Deutschland nehmen, die künftig fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung ausgeben wollten. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hatte sich zuletzt hinter das von den USA angemahnte Ziel gestellt, innerhalb der NATO fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben.
US-Zölle sorgten für zusätzliche Spannungen
China strebe danach, die Hegemonialmacht in Asien zu werden und die ganze Region zu dominieren und zu kontrollieren, sagte Hegseth weiter. Sein Land strebe keinen Konflikt "mit dem kommunistischen China" an. "Aber wir werden uns nicht aus dieser kritischen Region verdrängen lassen. Und wir werden nicht zulassen, dass unsere Verbündeten und Partner untergeordnet werden", erklärte er.
Die Beziehungen zwischen den USA und China sind derzeit wegen des von Trump begonnenen Handelskriegs besonders angespannt. Die USA hatten Anfang April hohe Zölle auf Importe aus China und anderen Ländern verhängt, Peking reagierte darauf mit Gegenzöllen. Trump hob daraufhin die Aufschläge auf chinesische Produkte weiter an. Mitte Mai verständigten sich Peking und Washington darauf, die gegenseitigen Zölle für zunächst 90 Tage stark zu reduzieren.
Hegseth vergleicht Singapurs Gründungsvater mit Trump
Am Rande der Veranstaltung sorgte US-Verteidigungsminister Hegseth für Empörung in den sozialen Medien, als er den verstorbenen Gründervater Singapurs, Lee Kuan Yew, mit US-Präsident Donald Trump verglich. In seiner Rede bezeichnete Hegseth beide Politiker als "historische Persönlichkeiten". Wie einst Lee verfolge auch Trump "einen Ansatz, der auf gesundem Menschenverstand und nationalen Interessen basiert", sagte Hegseth.
Lee, ein in Großbritannien ausgebildeter Jurist, war der erste Regierungschef Singapurs und hatte das Amt drei Jahrzehnte lang inne. Unter Lee entwickelte sich Singapur zu einem Hightech-Industrie- und Finanzzentrum, und der Politiker wird auch heute, mehr als zehn Jahre nach seinem Tod, noch immer verehrt. Hegseth lobte Lees "weise Führung und strategische Weitsicht". "Das ist es, was eine vernünftige Politik erreichen kann, und genau das ist auch die Vision von Präsident Trump", führte Hegseth aus.
Der Vergleich löste in Onlinediensten Empörung unter den Singapurern aus. "Der eine ist historisch, der andere hysterisch", schreib etwa ein Nutzer. Ein anderer merkte an: "Trump mit Lee Kuan Yew vergleichen? Das ist, als würde man Instant-Nudeln mit Fine Dining gleichsetzen."