
Pilgerfahrt nach Mekka Hadsch beginnt für Millionen Muslime
Die Wallfahrt von Millionen Pilgern nach Mekka ist jedes Mal eine logistische Herausforderung. Letztes Jahr starben mehr als 1.000 Gläubige infolge großer Hitze. Für dieses Jahr hat Saudi-Arabien Konsequenzen gezogen.
Der 50-jährige Lehrer Ismael aus einem Dorf in der Nähe von Kairo hat nur gute Erinnerungen an seine Pilgerfahrt nach Mekka. "Die Erfahrung war trotz der körperlichen Strapazen und der Entbehrungen angenehm", sagt er. "Das Gefühl der Nähe zu Gott und die spirituellen Wahrnehmungen ließen die Müdigkeit völlig verschwinden."
Der mehrtägige Hadsch gehört zu den fünf Säulen des Islams - alle gesunden Muslime sollten die Wallfahrt einmal in ihrem Leben vollziehen, sofern sie es sich leisten können. Aus der gesamten Welt kommen Gläubige nach Saudi-Arabien - für viele ist der Hadsch die erste und vielleicht auch einzige große Auslandsreise in ihrem Leben.
"Der Traum leuchtet für die Armen immer heller"
So auch für den Ägypter Ismael. Seine Beobachtung: Gerade die weniger Wohlhabenden scheuen keine Kosten und Mühen, um nach Mekka zu kommen. "Der Traum leuchtet für die Armen immer heller. Deshalb verzichten sie auf viele materielle Dinge des Lebens, um diesen spirituellen Traum zu verwirklichen."
Die Kosten für die Pilgerfahrt können schnell auf umgerechnet mehrere Tausend Euro steigen. In Ägypten entscheidet ein Losverfahren darüber, welche Gläubigen die Reise zu den heiligen Stätten des Islams antreten dürfen. Saudi-Arabien vergibt jedes Jahr rund zwei Millionen Visa für ausländische Pilger.
Staus werden schnell zur Gefahr
Für Knut Haase ist die Pilgerfahrt vor allem ein mathematisches Problem. Der Verkehrswissenschaftler der Universität Hamburg hat im Auftrag der Saudis berechnet, wie viele Gläubige die verschiedenen Stationen der Pilgerfahrt durchlaufen können, ohne dass es zu Staus kommt, die bei solchen Menschenmassen schnell zur Gefahr werden können.
Sie hätten es mithilfe eines mathematischen Modells so abgebildet, dass grundsätzlich ein guter Fluss möglich ist, sagt Haase. "Die Realität sieht in der Regel natürlich anders aus. Die Pilger folgen nicht exakt unseren Plänen. Die große Hoffnung ist immer, dass sie zumindest die Wege benutzen, die wir vorgeben, das ist von zentraler Bedeutung."
Massenpanik und Hitze führten schon zu vielen Toten
Denn: "Wenn sie nicht die Wege einhalten, kann das zu unnötigen Kreuzungsverkehren oder gegenläufigen Verkehren führen und das ist natürlich hochgradig riskant und das kann auch zu einem Unfall führen - wie wir beispielsweise 2015 gesehen haben." Damals kam es zu einer Massenpanik - nach offiziellen Angaben starben mehr als 750 Menschen - Schätzungen gehen noch von deutlich höheren Opferzahlen aus.
Auch im vergangenen Jahr hat es während der Pilgerfahrt viele Tote gegeben: Mehr als 1.300 Menschen starben nach Angaben der saudischen Behörden infolge der Hitze von mehr als 50 Grad im Schatten.
Neue Schattenanlagen, mehr Rettungsteams
Damit sich das nicht wiederholt, hat die saudische Regierung investiert. Der für den Hadsch zuständige Minister zählt auf: "Dazu gehört der Bau von Schattenanlagen auf einer Fläche von 170.000 Quadratmetern, 20.000 Bäume wurden gepflanzt, ein Notfallkrankenhaus wurde errichtet, zusätzliche Rettungsteams und Gesundheitszentren werden im Einsatz sein."
Die Vorkehrungen sollen gewährleisten, dass die registrierten Pilger sicher und gesund bleiben. Allerdings kommen auch zahlreiche Menschen ohne offizielles Hadsch-Visum ins Land - mit Hilfe von Zählkameras könne deren Zahl gut festgestellt werden, berichtet Verkehrsforscher Haase:
Grundsätzlich sind es um die drei Millionen Pilger, die da tatsächlich auflaufen. Das heißt, wir haben dann schnell mal eine Anzahl nicht registrierter Pilger um die eine Million und die stellen natürlich ein Riesenproblem dar.“
Denn für diese Leute gibt es keine schattigen Zeltplätze, die Versorgungsstationen sind nicht auf sie ausgerichtet. Vor der diesjährigen Pilgerfahrt haben die saudischen Behörden eindringlich davor gewarnt, ohne offizielles Visum zum Hadsch zu kommen. Bei Zuwiderhandlung drohen empfindliche Strafen.
Die Menschenmassen beim Hadsch können zum Sicherheitsproblem werden - dem Lehrer Ismael allerdings haben sie ein anderes Gefühl vermittelt: Geborgenheit in der islamischen Gemeinschaft. "Es kommen Menschen aus den verschiedensten Ländern: Algerien, Libyen, Syrien. Jeder versucht, den anderen kennenzulernen. Ich hatte seltsamerweise nicht das Gefühl, dass mir diese Menschen fremd sind."