
Mobiler "Social Bus" in Frankfurt Bürgerberatung vor Ort statt im Amtsgebäude
Bürgerberatung im Bus um die Ecke statt im weiter entfernten Amtsgebäude - das ist das Modell, mit dem das Frankfurter Jugend- und Sozialamt Menschen niederschwellig helfen will. Ein Modellversuch, der gut ankommt.
Mit dem Fahrrad kommt ein Mann mit bunter Weste und kurzer Hose durch die Hochhaus-Siedlung geradelt. Der 44-Jährige, der aus dem Iran stammt, sucht im neuen, sogenannten "Social Bus" im Frankfurter Stadtteil Griesheim nach Hilfe für sich und seine Familie. "Ich arbeite in der Gastronomie, aber das Geld reicht einfach nicht," erzählt er. Er habe den Flyer zum neuen Angebot gesehen, das er "super" finde. Daher sei er gezielt hierhergekommen, sagt der Mann, der seinen Namen lieber nicht nennen möchte. Er will nicht wiedererkannt werden.
Scham und Sprachbarriere verhindern Behördengänge
Denn so wie für ihn ist es für viele Menschen in dem sozial benachteiligten Stadtteil von Frankfurt am Main noch immer mit Scham behaftet, bei einer Behörde um Hilfe zu bitten. Auch die Sprachbarriere stellt für viele ein Problem dar - 71 Prozent der Einwohner in Griesheim haben einen Migrationshintergrund. "Jedes vierte Kind lebt hier unterhalb der Armutsgrenze," sagt Sozialarbeiterin Bettina Guth. Sie ist eine der drei Mitarbeitenden des Jugend- und Sozialamtes, die an diesem Tag für Beratungen zur Verfügung stehen.
Der neue "Social Bus" ist erst zum zweiten Mal unterwegs. Bei der Premiere war auch Guth "überrascht, wie viele das angenommen haben". Auch dieses Mal sind schnell die ersten Menschen da, die nach Sozialleistungen fragen. Es sei etwas "ganz anderes" als im Sozialrathaus, wo Bettina Guth und ihre Kollegen sonst arbeiten, sagt die 63-Jährige, die selbst schon seit 40 Jahren im öffentlichen Dienst arbeitet.
Beratung und Hilfe direkt vor Ort
"Man geht nicht nur in ein Haus, eine Behörde, sondern zu Menschen, die man direkt vor Ort sieht," beschreibt Guth die Beratungsgespräche im "Social Bus" - und bei gutem Wetter auch an Tischen davor. Klappstühle sind aufgebaut, es gibt einen Drucker, einen Scanner und auch das Internet funktioniert. Der Kleinbus steht mitten im Wendehammer einer Wohnsiedlung. Die meisten, die vorbeikommen, kommen hier aus der Nähe.
"Das spielt eine große Rolle," sagt Sanae Oumallah, die mit ihrer siebenköpfigen Familie in einer Dreizimmerwohnung um die Ecke wohnt. "Man kann einfach dahingehen und Hilfe bekommen, auch ohne Termin," freut sie sich.
Das Angebot der Stadt soll niedrigschwellig sein und zum Beispiel beim Ausfüllen von Anträgen unterstützen. "Bei Papieren habe ich immer Schwierigkeiten. Das ist zu viel," sagt auch Oumallah.
Hürden senken: Vorteil für Hilfesuchende
Die fünffache Mutter bekommt an diesem Tag Unterlagen mit Informationen mit, denn sie ist dringend auf der Suche nach einer neuen Wohnung für ihre Familie. Bei einem anderen Mann geht es um Unterhaltszahlungen und fehlende Unterlagen, die er nun nachreichen kann.
Der "Social Bus" nehme die Wege ins Rathaus weg, vor allem aber "eine Hürde," sagt Werner Pillich, einer der Berater des Jugend- und Sozialamtes, der mit vor Ort ist. "Wenn jetzt etwas gefehlt hätte, hätte der Mann schnell nach Hause gehen und nochmal wiederkommen können," so Pillich. "Ich glaube, dass das schon ein Vorteil für die Menschen ist."
"Social Bus" könnte Vorbildcharakter haben
Auch wenn mobile Bürgerservices vor Ort nicht komplett neu sind - diese Art des Angebots einer Behörde könnte für die Zukunft Vorbild-Charakter haben. "Alle schauen gerade, was wir da machen," berichtet der Projektverantwortliche Joachim Bürgel. "Wir versuchen Menschen zu erreichen, die Bedarf haben, aber bisher nicht den Weg zu uns gefunden haben," sagt der Leiter des für den Stadtteil zuständigen Sozialrathauses.
In der Testphase fährt der "Social Bus" bis Ende des Jahres nur einmal im Monat für zwei Stunden in den Frankfurter Stadtteil Griesheim. An diesem Tag kommen fünf Menschen zu längeren Beratungsgesprächen. Das sei eine gute Bilanz für das neue Angebot, sagt Projektleiter Bürgel. "Ob das revolutionär ist, weiß ich nicht. Aber es könnte ein Weg sein, mehr Menschen zu erreichen."