Der Koalitionsausschuss bei einer Pressekonferenz.

Neue Bundesregierung Koalition will Wirtschaft mit "Sofortprogramm" stärken

Stand: 28.05.2025 22:42 Uhr

Der erste Koalitionsausschuss von Union und SPD hat ein "Sofortprogramm" beschlossen, das vor allem der Wirtschaft helfen soll. Es gehe "nun Schlag auf Schlag", versprach Kanzler Merz. Doch konkrete Daten wurden kaum genannt.

Die neue schwarz-rote Koalition will im Eiltempo Entlastungen für Unternehmen beschließen und zügig auch weitere zentrale Reformprojekte auf den Weg bringen. Bis zu den Sommerferien sollten erste Entscheidungen getroffen werden, sagte Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz nach der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses. Einige könnten schon zum Juli Gesetz werden. "Es geht nun Schlag auf Schlag", versprach er.

Union und SPD hatten bereits in ihrem Koalitionsvertrag Entlastungen und Reformen angekündigt, die nun im Koalitionsausschuss besprochen und priorisiert wurden. Welche der vielen Vorhaben tatsächlich noch vor der Sommerpause beschlossen werden können, ließen die Koalitionsspitzen allerdings offen. Sie verständigten sich zwar auf ein "Sofortprogramm" mit mehreren Dutzend Punkten, die als "prioritär" gelten. Mit Daten sind die meisten der Projekte und Maßnahmen aber nicht hinterlegt.

In der gemeinsamen Pressekonferenz mit Merz betonten allerdings auch die Parteichefs von SPD und CSU, Lars Klingbeil und Markus Söder, dass die Umsetzung schnell gehen solle. Es solle schon ab dem Sommer sichtbar werden, dass Deutschland ein anderes Land werde, sagte Söder. Alle Menschen sollten "schnell Verbesserungen sehen im Alltag, im Beruf, in jeder Region", sagte Vizekanzler Klingbeil.

Merz wurde später im tagesthemen-Interview nochmal darauf angesprochen, welche Punkte bereits im Sommer umgesetzt werden könnten. Seine Antwort darauf:

Wir wollen uns darum bemühen und wir sind auf einem guten Weg, dafür zu sorgen, dass die Steuererleichterungen für die Unternehmen in Kraft treten können, damit die Arbeitsplätze sicher sind. Wir wollen die Abschreibungsmöglichkeiten rückwirkend für das ganze Jahr 2025 ermöglichen (...). Die Arbeiten dazu sind bereits angelaufen. Und wir wollen versuchen, das auch vor dem Sommer noch in den Bundesrat einzubringen. Wir sind zuversichtlich, dass das geht.
Kanzler Merz im tagesthemen-Interview

Merz im tagesthemen-Interview zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses

"Überwindung der Wachstumsschwäche"

Schon im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD klargemacht, welchem Bereich sie grundsätzlich besonderen Bedeutung beimessen: Ganz oben steht dort das Kapitel "Neues Wirtschaftswachstum, gute Arbeit, gemeinsame Kraftanstrengung".

"Diese Regierung ist für vier Jahre gewählt und hat auch vor, vier Jahre lang zu arbeiten. Aber wir haben natürlich einige Probleme, die wir schnell lösen wollen und schnell lösen müssen", sagte Merz nun in der Pressekonferenz nach dem Koalitionsausschuss. "Dazu zählt vor allen Dingen die Überwindung der Wachstumsschwäche unserer Volkswirtschaft. Wir sind jetzt im dritten Jahr einer Rezession, und da wollen wir so schnell wie möglich raus."

Konkrete Daten für Gastro-Mehrwertsteuer und Agrardiesel

Merz nannte als Maßnahmen dagegen bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten auf Investitionen, weniger Bürokratie sowie Gesetze zur Umsetzung des geplanten, kreditfinanzierten Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro für mehr Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz. 

Als eine zentrale Maßnahme will die Koalition einen "Investitions-Booster" in Form einer sogenannten degressiven Abschreibung einführen. Das soll dazu führen, das Unternehmen mehr investieren - zum Beispiel in neue Anlagen. Derzeit halten Firmen sich mit Investitionen zurück.

"Kein Schnellschuss" beim Bürgergeld

Nur bei wenigen Punkten gibt es im "Sofortprogramm" konkrete Daten für ein Inkrafttreten. Genannt wird jeweils der 1. Januar 2026 bei der Absenkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie, die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Wiedereinführung der vollständigen Agrardiesel-Rückvergütung für Landwirte.

Ein Punkt der nicht schnell umgesetzt werden soll, ist die Reform des Bürgergeldes, das die Koalition durch eine neue Grundsicherung ersetzen will. Dies sei ein "relativ komplexes Gesetzgebungsverfahren", sagte Merz in den tagesthemen. Daran müsse die Arbeits- und Sozialministerin sorgfältig arbeiten. "Da wollen wir keinen Schnellschuss machen, der dann irgendwann wieder Nachbesserungen erfordert", so Merz. Die zuständige Ministerin für Arbeit und Soziales ist die SPD-Politikerin Bärbel Bas.

Parteichefs setzen auf Zustimmung der Länder

Bei vielen Maßnahmen ist die Bundesregierung allerdings auf die Zustimmung der Länder angewiesen. Und unter diesen gibt es vor allem gegen zwei Vorhaben Widerstand: die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Sie befürchten, dass diese Steuerpläne auch für sie Mindereinnahmen in Milliardenhöhe bedeuten könnten.

Sowohl Merz, als auch Söder und Klingbeil machten deutlich, dass sie - wo dies nötig ist - auf die Zustimmung der Länder im Bundesrat setzen.

Alle Parteivorsitzenden sprachen von einer ausgesprochen guten Atmosphäre der Beratungen. "Das macht Lust auf mehr und Hoffnung auf Erfolg", sagte Söder. Der Koalitionsausschuss als zentrales Planungsgremium der Koalition soll mindestens einmal im Monat zu Themen von "grundsätzlicher Bedeutung" tagen, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Dem Ausschuss um die Parteichefs gehören zehn Männer und nur eine Frau an, was für viel Kritik gesorgt hat.

Koalitionsausschuss
Der Koalitionsausschuss ist ein informelles Gremium, das dem Kabinett und den Regierungsfraktionen vorgeschaltet ist. Es obliegt der jeweiligen Koalition, die Ausgestaltung und den Inhalt dieser Ausschüsse festzulegen. Zum Zweck des Ausschusses heißt es im Koalitionsvertrag: "Er berät Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen, und führt in Konfliktfällen Konsens herbei."

Bei der Besetzung gilt das Prinzip drei+drei+drei+zwei. Jede Regierungspartei schickt drei Teilnehmende, zusätzlich sind zwei sogenannte Notetaker dabei. Für die CDU nahmen Bundeskanzler Friedrich Merz, Unionsfraktionschef Jens Spahn und Generalsekretär Carsten Linnemann teil. Die CSU schickte Parteichef Markus Söder, Innenminister Alexander Dobrindt und Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Für die SPD nahmen die beiden Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken sowie Fraktionschef Matthias Miersch teil. Als "Notetaker" waren Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sowie Finanzstaatssekretär Björn Böhning (SPD) dabei.