
Baden-Württemberg Ende einer Prestige-Toilette: Das Tübinger Waldklo wird abgebaut
Am Rand des Tübinger Teilorts Unterjesingen wurde ein Waldklo ausprobiert - als Öko-Plumpsklo, ganz nachhaltig. Nun kommt das Holzhäuschen wieder weg. Warum?
Es war ein Vorzeigeprojekt am Premium-Wanderweg in Unterjesingen: Vor knapp drei Jahren wurde am Rand des Tübinger Teilorts ein ökologisches Waldklo aufgestellt. Damals mit viel Tamtam. Nun steht aber fest: Bald wird das Holzhäuschen wieder abgebaut.
Ist die Waldtoilette für Unterjesingen zu teuer?
Miete und regelmäßige Reinigung für das Waldklo seien zu teuer, sagt der Ortvorsteher von Unterjesingen, Alexander Muders. Sie kosten 3.000 Euro im Jahr. "Es ist hinlänglich bekannt, wie die Haushaltslage der Stadt Tübingen und der Teilorte ist. Da müssen wir gucken, wo unsere Euro hingehen", so Muders. Die Entscheidung sei im Ortschaftsrat gefallen. Einige haben die Toilette als Prestige-Projekt aber auch erhalten wollen.
Es ist ein Prestige-Projekt gewesen. Wir waren ja mit die ersten, die einen Premium-Wanderweg mit einer Öko-Toilette ausrüsten konnten. Alexander Muders, Ortsvorsteher Unterjesingen

Die Waldtoilette im Tübinger Teilort Unterjesingen habe Müll angezogen: Hundekotbeutel und anderer Müll werden laut Ortsvorsteher neben der Holzhütte entsorgt.
Ist die Waldtoilette bei Tübingen ein Müll-Magnet?
Das Geld möchte man künftig sparen, auch weil das Trockenklo im Wald offenbar gar nicht so häufig genutzt wurde, wie gedacht. Hinzu kommt, dass es den Müll magisch anzuziehen scheint: Hundekotbeutel und anderer Müll werden neben der Toilette entsorgt, so Muders. Manche verrichten ihr Geschäft zudem weiterhin lieber neben der Toilette als darin: Die berüchtigten Taschentücher im Wald konnten durch die Waldtoilette zwar verringert, aber nicht beseitigt werden, so der Ortsvorsteher. Er vermutet, die Wanderinnen und Wanderer hätten an den hygienischen Bedingungen gezweifelt und seien deshalb lieber nebenan in den Wald gegangen.
Außerdem sei das Projekt beim Förster nie auf große Gegenliebe gestoßen. Er und die untere Naturschutzbehörde hätten die Meinung vertreten, das Klo gehöre nicht in den Wald, denn es könnte weiteren Müll anziehen, sagt Muders. Darum wurde die Toilette jedes Jahr an einen anderen Ort versetzt. Die Forstbehörde müsse sich anschließend darum kümmern, den Platz wieder herzurichten. Daher wolle man das Projekt nicht verlängern.
Vor Ort am Waldklo bei Unterjesingen ein anderes Bild
Ein Besuch vor Ort zeigt ein anderes Bild: Das Klo ist sauber, riecht kaum und es gibt auch keine roten Hundekotbeutel. Taschentücher drumherum und weiterer Müll fehlen. Vielleicht auch, weil das Häuschen nicht an einem vielgenutzten Parkplatz steht, sondern mitten im Wald, direkt am "Unterjesinger Wengertwegle".
Öko-Klo hat Nachahmer gefunden
Nicht alle bewerten das Klo im Wald negativ: Auf Nachfrage erzählt der Geschäftsführer des Vermieters "Klos to nature GmbH", Cornelius Patzer, die medial präsente Klo-Einweihung in Unterjesingen sei für ihn ein Erfolg gewesen. Andere Kommunen wie Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) seien anschließend auf ihn zugekommen. Aktuell sei man für eine Nachhaltigkeitsveranstaltung in der Stuttgarter City im Gespräch.
Der Trockenklo-Fachmann gibt zu, dass es Standorte gibt, an denen seine Holzhäuschen sinnvoller wären als am Wanderweg - an Grill- oder Spielplätzen etwa.
Trockentoilette mit Potential
Normalerweise dürfen Toiletten nicht in der freien Natur aufgestellt werden, nur auf Privatflächen. Die speziell entwickelte wasserfreie Waldtoilette allerdings, so erklärten der damalige Unterjesinger Ortsvorsteher Michael Rak und der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) bei der Einweihung, sei aber zulässig.
Der Inhalt, ein Gemisch aus Kot und Sägespänen, wurde für ein Forschungsprojekt zeitweise rund 760 Kilometer nach Eberswalde gefahren. Aber das sei abgeschlossen. Seit anderthalb Jahren werden die Notdurften nur wenige Kilometer entfernt in die Gärtringer Kläranlage (Kreis Böblingen) gefahren, so der Geschäftsführer des Klo-Herstellers Cornelius Patzer.
Auch über eine Pilotanlage für die Verwertung der Feststoffe werde nachgedacht. Er hat aber bereits weitere Ideen für die Zukunft: Wenn es um Stoffkreisläufe geht, sei Urin sowieso interessanter als der Feststoff. In ihm finden sich siebzig Prozent der Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor, die beispielsweise als Dünger nutzbar wären.
Die Lösung: Statt Waldtoilette ein gekacheltes Örtchen
Während andere Kommunen Interesse an der Trockentoilette aus Holz zeigen, will Unterjesingen stattdessen ein bereits vorhandenes Friedhofs-WC nahe eines Parkplatzes nutzbar machen. Die Hoffnung: Vielleicht hilft ja diese Toilette, die unschöne Taschentuchspur im Wald zu verhindern.
Sendung am Mo., 26.5.2025 9:30 Uhr, SWR4 BW Studio Tübingen - Regionalnachrichten