17.05.2025, Berlin: Kerstin Wolter (Die Linke) und Maximilian Schirmer, Berliner Landesvorsitzender der Partei Die Linke, stehen beim Landesparteitag der Berliner Linke nebeneinander (Quelle: dpa/Christophe Gateau).

Berlin Berliner Linke wählt Schirmer/Wolter als neue Doppelspitze

Stand: 17.05.2025 18:17 Uhr

Die Berliner Linke gibt sich nach dem jüngsten Erfolg bei der Bundestagswahl selbstbewusst. Beim Landesparteitag am Samstag wurde eine neue Doppelspitze gewählt, mit der die Partei ins wichtige Wahljahr 2026 gehen will.

Die Berliner Linke hat eine neue Doppelspitze: Der seit zwei Jahren amtierende Landeschef Maximilian Schirmer führt die Partei jetzt gemeinsam mit Kerstin Wolter.
 
Für den Pankower Bezirkspolitiker und Linke-Bundesvize Schirmer votierten bei einem Parteitag am Samstag 99 Delegierte bei 48 Nein-Stimmen und 16 Enthaltungen. Das waren 60,7 Prozent, also ein eher mäßiges Ergebnis. Auf Wolter, bisher Linke-Bezirksvorsitzende in Friedrichshain-Kreuzberg, entfielen 115 Ja-Stimmen bei 19 Nein-Stimmen und 26 Enthaltungen - 71,9 Prozent.
 
Die bisherige Co-Landesvorsitzende Franziska Brychcy war seit 2023 gemeinsam mit Schirmer im Amt und kandidierte auf dem Parteitag in Lichtenberg nicht wieder für den Posten. Sie will sich auf ihre Rolle als bildungspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion im Abgeordnetenhaus konzentrieren.

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Mit dem neuen Duo will die Berliner Linke nach ihrem Erfolg bei der Bundestagswahl auch bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2026 stärkste Kraft werden. "Wir denken diese Stadt noch einmal neu, und dafür werden wir sie nicht der CDU überlassen", sagte der Landesvorsitzende Maximilian Schirmer.
 
"Wir nehmen den Kampf jetzt auf und wir werden auch bei der nächsten Wahl stärkste Kraft", so Schirmer weiter. Berlin habe Besseres verdient als die seit 2023 regierende schwarz-rote Koalition des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU). Schirmer sprach von einer "Zerstörungskoalition". Die Stadt werde "systematisch gegen die Wand gefahren, und die Stimmung in dieser Stadt befindet sich irgendwo zwischen Siedepunkt und Resignation."

Linke strebt "rote Metropole" an

Armut nehme zu, die Obdachlosigkeit sei flächendeckend, führte Schirmer aus. In der Wohnungs- und Mietenpolitik versage der Senat, betreibe zudem sozialen Kahlschlag. Folge seien Frust und Politikverdrossenheit.
 
Die Linke übte auch scharfe Kritik an den bereits beschlossenen und noch geplanten Haushaltskürzungen des schwarz-roten Senats. Diese würden vor allem zu Lasten sozialer Projekte und damit der Schwächsten in Berlin gehen. Die scheidende Berliner Landeschefin Franziska Brychcy warf CDU und SPD vor, dass sie keine weiteren Kredite aufnehmen wollen, um die Einsparungen abzufedern, obwohl das die Schuldenbremse möglich mache. Nun aber werde ein "Kahlschlag" in der sozialen Infrastruktur angerichtet, außerdem spare die Koalition die Lehrkräfteausbildung und die Kultur kaputt. "Schwarz-Rot macht unsere Stadt vorsätzliches kaputt", sagte Brychcy.

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Kritik an der SPD

Brychcy kritisierte vor allem auch die SPD. Die habe sich zwar für ein Stopp weiterer Privatisierungen ausgesprochen, doch nun sei genau das für Teile der Theaterlandschaft im Gespräch. "Mehr als heiße Luft hat die SPD nicht anzubieten", so Brychcy. Derweil versuche die CDU, das kostenfreie Schulessen in Berlin abzuschaffen und die Zahl der Sonderpädagogikstunden an Schulen zu verringern. "Die CDU-Bildungssenatorin macht damit Klassenpolitik zu Lasten der Kinder mit Förderbedarf, und das ist ein Skandal."
 
Die Linke setze dieser Politik ihre Vision einer "roten Metropole" entgegen, so Schirmer. "Wir gehen jetzt flächendeckend in die Kieze." Seine Partei biete den Menschen dort konkrete Hilfestellungen, organisiere etwa Sozial- oder Mieterberatungen oder Tafeln. "Nicht die anderen Parteien sind unser Bezugspunkt, sondern die Menschen in dieser Stadt", erklärte Schirmer.

Die Linke war bei der Bundestagswahl im Februar in Berlin mit knapp 20 Prozent stärkste Kraft geworden. Sie erlebte zuletzt einen Ansturm neuer Mitglieder. Ihre Mitgliederzahl verdoppelte sich seit Oktober 2024 auf derzeit gut 15.400.
 
 
 
Sendung: Radioeins, 17.05.2025, 8 Uhr