
Berlin Kleine Portionen: Beliebt bei Gästen, unpraktisch für Gastronomen?
Wer im Restaurant weniger essen möchte, hat es nicht leicht. Auf vielen Speisekarten fehlen kleinere Portionen – oder sie kosten fast genauso viel wie ein normaler Hauptgang. Doch es gibt Wege zum Weniger. Von Hannah Demtröder und Clara Ehrmann
Zwei Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich im Müll - und das allein in der Gastronomie. Das sind immerhin knapp 20 Prozent aller Lebensmittelabfälle in Deutschland. Die Zahl ließe sich verringern, sagen Experten - wenn etwa Restaurantbesuchern kleine Portionen als Auswahlmöglichkeit zur Verfügung stünden. Doch dies ist nur selten der Fall. Und meist sind die dann oft verhältnismäßig teuer.
Ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentrale aus dem Jahr 2023 zeigt: Nur jedes fünfte der über 150 untersuchten Restaurants bot kleinere Portionen von Hauptgerichten an. Immerhin die Hälfte hatte Senioren- oder Kinderteller im Angebot. “Also kleine Portionen für eine bestimmte Zielgruppe”, erläutert Britta Schautz, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin (VZ Berlin).

Die Gründe, warum Gastronomen auf das Anbieten einer kleinen Portion auf der Speisekarte verzichten, sind unterschiedlich. Zum einen geht es um die Qualität der angebotenen Speisen. Thanh Vu vom Berliner Restaurant "Dong A" erklärt dem rbb, dass viele Speisen im Dong A so komponiert seien, dass eine kleine Portiondie "Balance von Aromen und Texturen" verändern würde. Zudem sei der organisatorische Aufwand in der Küche nicht zu unterschätzen.
Auch Claudia Thom-Neumann vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Brandenburg, verweist auf standardisierte Mengen, die bereits in der Kochausbildung vermittelt werden: "Welches Volumen sollte ein Vorspeisengericht haben, welches Volumen ein Hauptganggericht, ein Zwischengang, ein Dessert. Da gibt es vorgegebene Mengeneinheiten." Ein Hauptgericht wiegt demnach ungefähr zwischen 400 und 600 Gramm und besteht aus einer Hauptkomponente wie Fleisch, Fisch oder einem Ersatz. Zusätzlich gehören zum Hauptgericht Gemüse oder Salat und eine Sättigungsbeilage wie Nudeln oder Reis.

Warum "Halbe Portion = halber Preis” nicht funktioniert
Ein weiteres Argument: die Kalkulation. Laut Dehoga setzen sich die Preise aus Rohstoffkosten für Lebensmittel und Gemeinkosten wie Energie, Miete und Personal zusammen. Dazu kommen noch der Anteil für den Gewinn, der Serviceaufschlag und aktuell 19 Prozent Mehrwertsteuer. Für eine halbe Portion halbierten sich, so der Verband, aber lediglich die Rohstoffe. Alle anderen Bestandteile des Preises blieben erhalten. "Halbe Portion = halber Preis" funktioniere deswegen wirtschaftlich nicht. In einer nicht repräsentativen Stichprobe des rbb zeigt sich: Die Ersparnis für den Gast liegt oft nur bei 14 bis 22 Prozent.

Potenzial für mehr Gäste
Britta Schautz von der Verbraucherzentrale plädiert dennoch für kleinere Portionen auf der Karte: "Viele Menschen sparen an Restaurantbesuchen, weil Lebensmittel so teuer geworden sind. Wenn ich aber eine kleine Portion bestelle und die günstiger ist – dann könnten sich manche Menschen auch häufiger einen Restaurantbesuch leisen", was im Endeffekt gut für die Gastronomen wäre.
Ein Beispiel: Das Restaurant Adriatic in Potsdam bietet auf einer Extraseite kleinere Seniorengerichte an. Ein kleiner Grillteller kostet 13,90, der große 15,90. Restaurantleiter Jero Bradaric beobachtet, dass nun häufiger ganze Seniorengruppen ins Restaurant kommen, etwa Sport- oder andere Vereine.
Kinderschnitzel nur für Kinder?
Als Gast hat man dennoch oft den Eindruck: Einen Seniorenteller oder Kinderteller zu bestellen, obwohl man weder das eine noch das andere ist - da wird man schräg angeguckt. Thom-Neumann von der Dehoga hat dafür Verständnis: "Ich glaube, dass Kindergerichte auf der Speisekarte immer ein freundliches Add-on sind und in der Regel keinen betriebswirtschaftlichen Mehrwert bieten."
Mathias Winterfeld vom Gasthof Milow im Havelland ist da allerdings kulant. "Also, mir ist das relativ egal, wer was bestellt. Hauptsache: bestellen." Wer nur Hunger auf ein Kinderschnitzel habe, bekäme auch ein Kinderschnitzel.

Lieber eine kleine Portion als ein zu voller Magen
Auch wenn sie nicht viel günstiger sind – kleinere Portionen könnten sich langfristig bezahlt machen: für die Gesundheit. Im Restaurant seien die Portionen oft üppig, so Schautz. "Das möchte man auch alles aufessen, denn man hat es bezahlt." Das kann langfristig dazu führen, dass ich an Gewicht zunehme", erläutert die Expertin der VZ Berlin.
Genau deshalb, sagt sie, sollten Restaurants verschiedene Portionsgrößen anbieten. "Damit ich nach Hunger entscheiden kann und auch wirklich nur so viel esse, wie mir guttut."
Die Küche? Oft flexibler als die Speisekarte
Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich natürlich vorab erkundigen, ob es kleinere Portionen gibt – oder ob Kinder- oder Seniorentellern von allen bestellt werden dürfen. Aber auch vor Ort lohnt es einfach nachzufragen, ob man eine kleine Portion haben könnte. Viele Restaurants lassen Kulanz walten.
Gastronom Winterfeld rät etwa, am besten mit der Kellnerin oder dem Kellner ins Gespräch zu kommen, gemeinsam fände sich eine Lösung. Insgesamt sei seine Küche zum Beispiel flexibler, als die Speisekarte vermuten lasse.
Und wenn nicht: Den Rest einpacken lassen und im “Doggybag” mit nach Hause zu nehmen – als kleines Mittagessen für den nächsten Tag. Auch damit lässt sich Geld sparen.
Sendung: Super.Markt, 26.05.2025, 20:15 Uhr