
Berlin Brandenburg Künftige Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz will Wirtschaft in die Pflicht nehmen
Ab Juni führt Marion Ackermann die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – sie freue sich darauf, sagt sie im Interview. Politische Auseinandersetzung und Baustellen schrecken sie nicht, Sorgen bereiten ihr allerdings die Finanzen. Da will sie neue Wege gehen.
rbb: Frau Ackermann, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) ist mit 2.000 Mitarbeitenden ein richtig großer Tanker. Und da stehen Sie jetzt auf der Brücke. Worauf freuen Sie sich?
Marion Ackermann: Ich freue mich, aus diesen unendlichen Möglichkeiten der Erzählungen, die in den Sammlungen verborgen sind, aber auch in den Geschichten der Institutionen, etwas Gemeinsames zu stricken. Noch deutlicher aufzuzeigen, was es heißt, im 21. Jahrhundert eine Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu haben, die Bund-Länder-finanziert ist. Und wie wir das vielleicht auch nochmal ein bisschen jünger, ein bisschen wilder, ein bisschen zeitgemäßer denken können.
Wovor ich sehr viel Respekt habe, ist diese strukturelle Unterfinanzierung, die wirklich ein Riesenproblem ist. Da sehe ich eine große Aufgabe auch bei mir, die Ressourcen zu erweitern. Auch indem man von privater Seite versucht, mehr Engagement einzuwerben, wie bei Stiftungen. Und natürlich die Reform zu vollenden, das sehe ich eher als Kür. Da sind wir wahnsinnig weit.
Was noch fehlt oder wo wir gerade beginnen, ist die eigentliche Strategie.
Was haben Sie schon im Kopf?
Wir müssen diese Bund-Länder-Konstruktion spürbarer werden lassen. Diese große Chance, die im föderaldemokratischen System Deutschlands liegt, die eine solche Vielfalt der Kultur hervorbringt und die auch ein Schutz vor möglichen extremistischen Veränderungen in der Politik sein kann, müssen wir stärker ausspielen und auch in Berlin stärker spürbar werden lassen.
Zu den Baustellen der SPK: Bei der Sanierung des Pergamonmuseums sind wir schon über einer Milliarde Euro, veranschlagt bis zur geplanten Wiedereröffnung 2037. Das Berlin Modern, dem Museum für die Moderne, das am Kulturforum entsteht, soll für 450 Millionen Euro plus Baukostensteigerungen vielleicht bis 2027 errichtet werden. Sind Sie zuversichtlich, dass das so nach Plan läuft?
Ich habe ja mit Stuttgart, Düsseldorf und Dresden zahlreiche Bauerfahrungen. Ich weiß noch, wie es in Stuttgart Bauverzögerungen gab, weil alle Kabel falsch verlegt worden waren. In Düsseldorf gab es eine mehrjährige Verzögerung, weil man archäologische Funde ausgegraben hatte. Das gehört beim Bauen auch dazu, dass nicht alles so nach Plan läuft. Wichtig ist, wie wir damit umgehen.
Die gute Nachricht ist, dass in der ersten Hälfte 2027 ein wesentlicher Teil des Pergamonmuseums wiedereröffnet wird. Wir brauchen auch dringend die Besucherzahlen und die Einnahmen.
Beim Berlin Modern ist es ganz gut, dass wir noch ein bisschen Zeit haben. Das Kulturforum findet sich ja gerade. Mein Anliegen wäre es jetzt, dass wir diesen Prozess so gut wie möglich kreativ nutzen. Um vielleicht auch, wenn der Rohbau fertig ist, erst mal zu sagen: Da gehen jetzt mal die Künstlerinnen und Künstler rein für ein paar Wochen und dann geht's weiter.

Was haben Sie denn gedacht, als Sie von der neuen Personalie an der Spitze der Kultur im Bund mit einem neuen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer gehört haben?
Ja, es ist schon sehr überraschend. Er kommt ja aus der Wirtschaft. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass es eine Chance bedeutet. Ich denke schon, dass die Zeit der ausschließlich staatlichen Förderungen der Institutionen in Deutschland vorbei ist. Wir müssen stärker als bisher auch die deutsche Wirtschaft in die Pflicht nehmen. Und ich würde mir wünschen, dass Herr Weimer unterstützt und dafür sorgt, dass wir in eine gute neue finanzielle Balance kommen.
Bedenken vor einer neuen Form von Konservativismus - der zum Beispiel auch gegen Frauen gerichtet ist - habe ich durchaus, da gibt es ja auch schon Anzeichen.
Also Sie haben nicht, wie manche ja schon geäußert haben, ein Bedenken vor einer konservativ-kulturellen Wende?
Bedenken vor einer neuen Form von Konservativismus - der zum Beispiel auch gegen Frauen gerichtet ist - habe ich durchaus, da gibt es ja auch schon Anzeichen. Da muss ich sagen, da wäre ich kämpferisch feministisch, um alles dafür zu tun, dass so etwas nicht passiert.

Politische Diskurse, Konflikte spielen ja immer mehr eine Rolle im Kulturbetrieb. Wie wollen Sie damit umgehen? Sie haben ja aus Dresden schon eine Erfahrung mitgebracht.
In Dresden habe ich Debatten erlitten, muss man fast auch sagen. Der Bilderstreit, der geführt wurde, wo es eben auch um West und Ost, um Ost und Ost, um Männer und Frauen, um Figuration versus Abstraktion ging.
Wir haben damals das Programm "Wir müssen reden" eingeführt und haben im Sinne von Joseph Beuys eigentlich dann die permanente Konferenz als Methode gestartet. Ich habe auch sehr viel mit "Reichsbürgern" zu tun gehabt. Also von allen Seiten eigentlich Komplikationen, die dazu geführt haben, dass man sich immer wieder neu verorten musste, auch ethisch. Auch die Frage, von wem man noch Geld annimmt. Es war eigentlich ein Hauptaugenmerk darauf, was für eine Haltung man einnimmt.
Bund und Länder haben ihren Anteil um zwölf Millionen Euro erhöht, davon die Länder drei Millionen. Insgesamt kommen Sie jetzt auf gut 400 Millionen. Reicht das oder nicht?
Wichtig wird es erstmal sein, die Reform insofern zu vollenden, dass die Museumsteams personell ausgestattet werden. Das wird durch die zusätzlichen Mittel weitgehend möglich sein.
Dieses Jahr müssen wir da unbedingt mit dem neuen Beauftragten für Kultur nochmal rangehen. Wir brauchen dieses Jahr noch große Unterstützung, weil einfach in bestimmten Bereichen was fehlt. Und das kann man auch nicht durch noch so großes Engagement in Bezug auf Drittmittel lösen.
Was sind das für Bereiche?
Besonders im Bereich Bildung und Vermittlung. Man kann das ja gar nicht laut sagen, wie wenig Mitarbeitende im Bereich Bildung und Vermittlung in den großen SPK arbeiten. Da muss man sich fast schämen.
Es gibt aber Bereiche, wo ich sagen würde, da hat man eher eine Chance, selbst etwas zu einer Steigerung zu tun. Wir sehen ja, wie erfolgreich der Hamburger Bahnhof in der Einwerbung von Drittmitteln ist. Der hat jetzt Chanel als großen Partner für drei Jahre gewonnen.
Für Sonderprojekte, für Ausstellungen ist das immer möglich, da werde ich alles dransetzen, mitzuunterstützen, dass wir das auf eine gute Basis bringen. Aber das wird nicht ausreichen, um diese fehlende Grundfinanzierung abzudecken. Und da brauchen wir die Politik.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Barbara Wiegand.
Der Text ist eine gekürzte und redigierte Fassung des Gesprächs. Das gesamte Interview können Sie oben im Player nachhören.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.05.2025, 09:50 Uhr