
Berlin Brandenburg Weltbienentag: Die Honigbiene und ihre wilden Verwandten
Sie ist fleißig, kann mittelgut fliegen und produziert das einzige Süßungsmittel, das in der Natur mundfertig vorkommt: die Honigbiene. Weniger bekannt sind ihre Verwanden, die Wildbienen. 604 gibt es. Aber sie sind gefährdet. Von Annette Kufner
Wildbienen haben tolle Namen. Da ist die Stumpfzähnige Zottelbiene, die in selbstgegrabenen Bodenhöhlen lebt. Dann die blauschwarze Holzbiene, die sich ihr Zuhause in morsches Holz nagt. Oder auch noch die Luzerne-Sägehornbiene, die fürs Kuscheln bekannt ist. Die Männchen dieser Art bilden Schlafgemeinschaften: Gemeinsam kommen sie auf einer Pflanze zusammen, um miteinander die Nacht zu verbringen.
Doch Wildbienen haben einen schweren Stand. Von den rund 600 Arten, die in Deutschland nachgewiesen sind, steht mehr als die Hälfte als gefährdet auf der Roten Liste. Überraschend dabei: In Städten wie Berlin scheinen Wildbienen gut zurecht zu kommen. In der Hauptstadt sind laut Deutscher Wildtierstiftung rund 330 Arten vertreten – nur rund 50 Arten weniger als im Flächenland Brandenburg (Quelle: Nabu Brandenburg). Gründe für ihre Gefährdung seien die spezifischen Bedürfnisse der Tiere. Eine Vielfalt an Nistplätzen und Blüten allerdings erhöhe die Chance, dass Wildbienen einen Platz zum Leben finden, so die Stiftung.
Genug Nektar für alle?
Doch durch Versiegelung und Neubau stehen den Berliner Bienen immer weniger Pflanzen zur Verfügung. Die Deutsche Wildtierstiftung warnt, dass Wildbienenarten in Gebieten mit knappen Ressourcen verdrängt werden könnten. Ein Faktor in der Gleichung: die Honigbiene.
Artenschützer und Imker diskutieren seit Jahren, ob Honigbienenvölker, die vom Menschen gehalten werden, zur Verdrängung von Wildbienen-Arten beitragen, denn viele Wildbienen sind auf ganz bestimmte Pflanzen angewiesen. Honigbienen dagegen mögen fast jeden Nektar. Wildbienen leben zumeist solitär, ein Honigbienenschwarm besteht hingegen aus bis zu 80.000 Bienen.
Die Deutsche Wildtierstiftung warnt vor allem vor Imkerei in der Nähe von Naturschutzgebieten. Aber auch in der Stadt sei die Überlegenheit der Honigbiene zu beobachten, sagt Projektmitarbeiterin Anja Proske: "Wir machen auf unseren Blühflächen in der Stadt seit 2018 ein Wildbienen-Monitoring und allein von der Sicht her ist relativ klar, dass da unheimlich viele Honigbienen dabei sind. Und es ist einfach logisch, dass wenn es so viele Honigbienen gibt, die die selbe Ressource nutzen - Pollen und Nektar von Blüten - dass es da ein Konkurrenzverhalten geben wird.“

Die Geschäftsführerin des Nabu Berlin, Melanie von Orlow, sieht das anders. Die Nahrungsquellen der Wildbienen seien für die Honigbiene nur am Rande interessant: "Die Honigbiene ist ein Massentrachtsammler. Das heißt, sie geht vor allem auf die großen blühenden Straßenbaum-Angebote. Darum ist die Honigbiene nur sehr eingeschränkt in der Konkurrenz mit Wildbienen. Sie besucht vielleicht mal die ein oder andere klassische Wildblüte, aber solange ich nicht irgendeine rare Blüte habe, die in Massentracht vorkommt, wird keine Honigbiene da die 'Belegschaft' hinschicken."
Das eigentliche Problem
Das eigentliche Problem der Wildbienen sei der Verlust der Lebensräume und eine massive Umgestaltung der Landschaft in Monokulturen, sagt von Orlow, die selbst Imkerin ist: "Sie müssen nur durch Brandenburg fahren - es ist ein Trauerspiel: Manchmal kilometerweise nur Mais."
Auch Anja Proske von der Wildtierstiftung betont, dass das Hauptproblem der Wildbiene weder die Honigbiene noch Imkerinnen und Imker seien. "Am Ende wollen wir alle dasselbe", so Proske. "Das Problem ist, dass es immer weniger Blüten in der Landschaft gibt, immer weniger geeignete Lebensräume, die sowohl für Honigbienen als auch für die 600 anderen Bienenarten in Deutschland ausreichend sind."
Die Stiftung hat in den vergangenen Jahren fast 100 Blühflächen in Berlin geschaffen, um das Nahrungsangebot für Bienen zu vergrößern – gefördert vom Berliner Senat im Rahmen der 2018 beschlossenen sogenannten "Bestäuberstrategie".
Genug Hilfe vom Senat?
Auch der Nabu Berlin hat eine Vielzahl an Blühflächen geschaffen. Nabu-Chefin Melanie von Orlow wünscht sich allerdings mehr Unterstützung von der Politik. Viele Naturprojekte seien in den vergangenen Jahren erst geschaffen und dann wieder eingestampft worden, kritisiert sie: "Der Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses 2018 für die 'Bestäuberstrategie' war ein Wendepunkt und hat hier wirklich ganz viele Dinge vorangebracht, allerdings ist dieser Prozess jetzt ins Stocken geraten. Viele der dort beschlossenen Projekte sind inzwischen wieder eingestampft oder in Abwicklung. Das ist ein fatales Zeichen."
Der Senat weist das zurück. Auf rbb-Anfrage heißt es, man stelle der Deutschen Wildtierstiftung im Rahmen der "Bestäuberstrategie" weiterhin jährlich fast eine halbe Million Euro zur Verfügung. Die Förderung sei zudem bis 2027 verlängert worden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.05.2025, 07:40 Uhr