
Brandenburg Premiere Staatstheater Cottbus: Ein Haus am Hang von Nagasaki
Die Cottbuser Premiere von Puccinis "Madama Butterfly" thematisiert kulturelle Machtverhältnisse und eine asymmetrische Beziehung im Japan der Meiji-Zeit. Die Sopranistin Gloria Jieun Choi gibt dabei ihr Debüt in der Titelrolle.
Am Samstagabend bringt das Staatstheater Cottbus die Premiere von "Madama Butterfly" auf die Bühne. Die Inszenierung von Giacomo Puccinis Oper verknüpft das persönliche Drama der 15-jährigen Geisha Cio-Cio-San mit gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen im Japan um 1900.
Cio-Cio-Sans Geschichte in Nagasaki
Im Zentrum steht die Beziehung zwischen einer japanischen Jugendlichen und einem amerikanischen Offizier, die von Abhängigkeit, Ungleichheit und kulturellem Unverständnis geprägt ist. Die Handlung spielt in Nagasaki, einer Hafenstadt im Südwesten Japans. Cio-Cio-San, genannt Butterfly und gespielt von der Sopranistin Gloria Jieun Choi, verliebt sich in den amerikanischen Marineoffizier Benjamin Pinkerton, gespielt von Alexey Sayapin. Er heiratet sie ohne ernste Absichten und kehrt in die USA zurück. Das lange Warten wird für die junge Frau zur psychischen Belastung, die zunehmend an ihr zehrt. Auch als Pinkerton aus den Staaten zurückkehrt, wird es nicht einfacher - im Gegenteil.
Die Oper greift grundlegende Fragen auf: Was heißt es eigentlich, wenn zwei Menschen von Liebe sprechen? Meinen sie wirklich dasselbe? Wieviel Vertrauen braucht es und wieviel Selbstaufgabe steckt in Beziehungen?
Die Inszenierung thematisiert nicht nur eine asymmetrische Beziehung, sondern legt auch ein strukturelles Ungleichgewicht offen, in dem kulturelle Differenzen und Machtverhältnisse nicht anerkannt, sondern übergangen werden. "Pinkerton ist sozusagen die Arroganz der westlichen Welt, das ist ein großes Thema in dieser Oper", sagte die Regisseurin Mariella Weingarten dem rbb im Vorfeld der Premiere.

Spannungen über den Pazifik hinweg
Die Kontraste der beiden Figuren zeigen sich auch in den Musikstücken der Oper, markant und drängend bei Pinkerton und leicht bei Butterfly. Dazu stockte das Orchester auch sein Repertoire an Instrumenten auf. "Wir haben japanische Tam-Tams, spezielle Instrumente wie das Klaviatur-Glockenspiel, das auch eher selten ist und eine besondere asiatische Klangfarbe reinbringt", sagte der Generalmusikdirektor Alexander Merzyn.
Die Meiji-Ära (1868–1912), in der die Geschichte spielt, war in Japan von tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen geprägt. Das Land öffnete sich nach Jahrhunderten der Isolation zunehmend dem Westen und stellte seine Industrie und sein Bildungssystem nach westlichem Vorbild um. Dadurch entstanden Spannungen zwischen den neuen Einflüssen und dem japanischen Wertesystem.
Ein Debüt für Gloria Jieun Choi
Gloria Jieun Choi gibt am Samstag ihr Debüt in der Titelrolle der Cio-Cio-San. Die südkoreanische Sopranistin ist seit zwei Jahren festes Ensemblemitglied am Staatstheater Cottbus und war dort bereits als Mimì in La Bohème und als Agathe in Der Freischütz zu sehen. Sie studierte Gesang an der Universität Suwon in Südkorea und setzte ihre Ausbildung danach an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort.
Im Januar 2025 gewann sie den renommierten Concurs Internacional de Cant Tenor Viñas in Barcelona und setzte sich dabei unter 645 Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus 61 Ländern durch.
Die Oper wird in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln aufgeführt. Es spielt das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus unter der musikalischen Leitung von Alexander Merzyn.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.05.2025, 16:40 Uhr