Abgebaggerter Hang hinter Wohnhäusern in Gelnhausen-Hailer: Für eine Baustelle entstand ein steiler, etwa zehn Meter tiefer Abgrund. Oben am Hang sind Bäume und Gärten zu sehen.

Hessen Umstrittene Baustelle in Gelnhausen: Diese bedrohliche Abbruchkante dürfte es nicht geben

Stand: 31.05.2025 14:44 Uhr

Eine Baustelle in Gelnhausen gefährdet benachbarte Häuser. Anwohner befürchten einen Hangrutsch. Die Behörden ziehen immer mal wieder die Bremse, doch das Problem besteht seit Jahren.

Von Melanie Taylor und Heiko Schneider

In Markus Melzers Garten besteht Lebensgefahr. Die Gartenhütte ist mit rot-weißem Flatterband abgesperrt, direkt dahinter geht es seit kurzem fast kerzengerade gut zehn Meter in die Tiefe. Weil dieser Teil des Gartens nicht mehr als sicher gilt, darf ihn niemand mehr betreten. "Gerade mit Kindern im Garten ist das extrem unentspannt", sagt der Familienvater. 

Markus Melzer ist mit seinen Sorgen nicht allein. Auch seine Nachbarn in Gelnhausen-Hailer haben Angst um ihr Hab und Gut. Verantwortlich dafür ist eine benachbarte Baustelle. Dort ist ein Steilhang entstanden, den es so offenbar gar nicht geben dürfte. 

 

Streit um Steilwand an Baustelle in Gelnhausen

Seit Jahren gibt es rund um die Baustelle immer wieder Ärger: 2021 begannen die Arbeiten für drei Mehrfamilienhäuser. Nur wenige Schritte entfernt von mehreren bestehenden Häusern klafft seitdem eine riesige Abbruchkante im Hang. Noch im selben Jahr verhängte der Main-Kinzig-Kreis einen Baustopp, weil der jähe Abgrund im Bebauungsplan so nicht vorgesehen war.  

Wiederholt Baustopp verhängt

2023 änderte der Eigentümer die Pläne für das Gelände. Und seit diesem Frühjahr wird dort wieder gearbeitet. Ein anderes Bauunternehmen ist dort jetzt tätige, und das hat den Hang weiter abgetragen und die Abbruchkante bis zu Markus Melzers Garten herangeführt, wie er berichtet. "Wir können unser eigenes Hab und Gut nicht nutzen, wir sind eingeschränkt in unserer Lebensqualität. Da muss jetzt endlich mal was passieren", fordert Melzer. 

Eine Frau und ein Mann in roten T-Shirts stehen vor einer Hütte, die sich hinter rot-weißem Flatterband in einer Hütte befindet.

Verena und Markus Melzer in ihrem teilweise abgesperrten Garten.

Vor wenigen Tagen hat die Bauaufsicht des Main-Kinzig-Kreises erneut einen Baustopp verhängt. Zum einen liegen Unterlagen nicht vor, die vor Baubeginn hätten vorgelegt werden müssen, wie ein Sprecher des Kreises berichtet.

Zum anderen gilt der Hang als nicht sicher. "Die Weiterführung der Arbeiten kann erst dann wieder gestattet werden, wenn ein Konzept zur Sicherung der mittlerweile vom Bauherrn geschaffenen Abgrabungen im Hangbereich vorliegt", teilt der Sprecher des Kreises mit. 

Bauherr wiegelt ab

Der verantwortliche Bauherr, ein Unternehmen aus Dietzenbach (Offenbach), sieht das offenbar anders und stützt sich auf ein Gutachten aus dem Jahr 2022, das den geplanten Neubauten Standsicherheit attestiert. "Darüber hinaus wurden bereits zwei weitere Geologen und ein Statiker von uns beauftragt, innerhalb der kommenden 14 Tage einen neuen Nachweis zur Hangsicherheit zu erstellen", übermittelt das Unternehmen. 

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, macht die Anwohner sauer. Einige berichten, dass sie schon gleich nach dem Baubeginn 2021 ihre Bedenken gegenüber der Bauaufsicht geäußert hätten. Diese seien aber nicht ernst genommen worden.  

Anwohner fühlen sich allein gelassen

Dass die Sorgen berechtigt waren, belegen Fotos und Videos, die mehrere Anwohner den hr-Reportern zeigen: Nach einem Unwetter vor knapp zwei Jahren wurden Grundstücke und Häuser mit Matsch geflutet.

"Wir werden von den Ämtern allein gelassen. Da gibt es keine Hilfe und keine Rückmeldung", schildert Anwohnerin Alla Cimen: "Wir wissen einfach nicht mehr weiter." Ähnlich äußern sich andere Nachbarn. 

 

Zu weit abgetragener Hang in Gelnhausen-Hailer: Oben stehen noch Bäume, unten ist der Hang mit rot-weißen Gittenr abgesperrt.

Abgesperrter Hang in Gelnhausen-Hailer.

Der Main-Kinzig-Kreis erwidert, die Bedenken der Anwohner würden zu jeder Zeit ernst genommen, deshalb sei die Baustelle auch mehrfach kontrolliert worden. Die aktuell vorliegende Gefahr sei erst durch die "unsachgemäße Abgrabung" entstanden. Aussagen, die die Anwohner nicht zufrieden stellen. 

Auch, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. Auch der Kreis hat keinen Zeitplan.

Das Bauunternehmen versichert, dass Teile des Geländes aufgeschüttet und der Hang stabilisiert würden. Gutachter sollen die Sicherheitslage unter- und oberhalb der Abbruchkante klären. Bis dahin gilt der Baustopp des Kreises.