
Mecklenburg-Vorpommern Hannes Hegen: Ein Leben im Zeichen des Comics
Hannes Hegen prägte die deutschsprachige Comic-Welt als Gründer der Zeitschrift "Mosaik" und vor allem als Schöpfer ihrer ursprünglichen Hauptfiguren, den Digedags. Am 16. Mai 2025 wäre er 100 Jahre alt geworden.
"Die drei Leben des Zeichners Johannes Hegenbarth" - so heißt die Biographie von 2015 über den Grafiker und Zeichner, der sich stets nur Hannes Hegen nannte. Tatsächlich lässt sich sein Leben relativ einfach unterteilen: In eines vor, eines mit und eines nach den Digedags: "Ich habe mit dem 'Mosaik' immer versucht, eine fröhliche, wissensvermittelnde Bildergeschichte zu machen, wo die Kinder dann auch etwas lernen und sich daran erfreuen und wo eben keine Gewalt ist", erzählte er einmal in einem seiner seltenen Interviews.
Das erste "Mosaik" mit den drei Kobolden Dig, Dag und Digedag erschien im Dezember 1955: "Eines Tages saß ich am Zeichenbrett und ich hörte meine Wanduhr an der Wand ticken: Tick, tack, ticke tack. Da dachte ich mir, das müsste es sein. Aber Tick, Tack. Ticketack ist viel zu hart mit T und CK. Und da dachte ich mir, das müsste man weich machen mit Dig, Dag, Digedag."
"Mosaik": Comic oder Bilderzeitschrift?
"Mosaik von Hannes Hegen" - so hieß der Comic, der in der DDR aber so nicht genannt wurde: "Es ist zweifellos das große Verdienst von Herrn Hegenbarth, dass er diese Figuren erstmal ins Spiel gebracht, dass er sie geschaffen hat in einer Zeit, die offenbar reif dafür war. Für einen Comic in der DDR. Die haben das noch nicht gerne gehört, dass es ein Comic war. Wir haben immer gesagt, dass wäre eine Bilderzeitschrift. Er hat immer gesagt, es ist ein Fortsetzungsroman in Bildern", erinnerte sich in einem NDR Interview der langjährige Autor der Geschichten, der 2016 verstorbene Lothar Dräger.
Erfolgsgeschichte: Hefte stets ausverkauft
"Mosaik" wurde zu DER Erfolgsgeschichte einer Zeitschrift innerhalb der DDR: "Das Heft ist von Heft 1 an immer ausverkauft gewesen. Obwohl die Auflage in den ersten Jahren mit 150.000 Exemplaren viel zu niedrig war und allmählich bis zum Ende der Digedags-Zeit auf fast 600.000 stieg. Der Verlag hat richtig viel Geld damit verdient. 1975, als Johannes Hegenbarth aussteigt, machte der Verlag 'Junge Welt' einen Reingewinn nur mit dem 'Mosaik' von 1,5 Millionen DDR-Mark", erzählt der Leipziger Verleger Mark Lehmstedt, der 2010 sein Buch "Die geheime Geschichte der Digedags" veröffentlichte.
"Farbtupfer in einer nicht immer bunten Welt"
Hegen wurde am 16. Mai 1925 in Böhmisch Kamnitz in Böhmen geboren. 1942 studierte er an der damaligen Reichshochschule für angewandte Kunst in Wien, von 1947 bis 1950 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. 1955 hatte er dann die Idee für "Mosaik" und ließ in den folgenden Jahre die Digedags stellvertretend für ihre Leser durch die ganze Welt reisen: Die Digedags waren unter anderem in Rom und London, in Wien und New Orleans oder in Venedig.
"Man darf nie unterschätzen, dass 'Mosaik' immer aus lauter Gags bestanden hat, über die man sich als Kind und Jugendliche natürlich wahnsinnig gefreut hat. Es war ein Farbtupfer in einer Welt, die nicht immer sehr bunt war und nicht immer sehr fröhlich stimmte", so Lehmstedt.
Knapp 20 Jahre - bis Juni 1975 - erschien Monat für Monat ein neues "Mosaik", für Hannes Hegen publizistisch wie verlegerisch ein großer Erfolg, erklärte Buchautor Lehmstedt im NDR Interview: "Für die ersten Ausgaben, die ja noch vierteljährlich erschienen, bekam er 22.500 Mark pro Heft. Und das im Jahr 1955/56 - damals lag das Durchschnittseinkommen eines DDR-Bürgers bei 500 bis 600 Mark. Und als das Heft dann monatlich erschien, wurde die Summe auf 10.000 Mark pro Heft reduziert."
"Max- und Moritz-Preis" und Bundesverdienstkreuz
Anfang der 1970er-Jahre sah Hegen die Qualität der Hefte nicht mehr gegeben, wollte kürzertreten, nur noch alle zwei Monate ein Digedag-Abenteuer präsentieren. Der Verlag bestand allerdings auf ein monatliches "Mosaik". Im November 1973 kündigte Hegen den Vertrag zum 1. Juli 1975 und blieb danach fast unsichtbar.
Erst nach der Deutschen Einheit kam der "Mosaik"-Erfinder gewissermaßen zurück - sämtliche 223 Hefte wurden neu aufgelegt in Reprintmappen sowie in Büchern. 2008 erhielt Hegen die bedeutendste deutsche Auszeichnung für Comic-Künstler - den "Max- und Moritz-Preis", 2010 folgte des Bundesverdienstkreuz am Bande. Hegen starb im November 2014 in Berlin.
Die Abenteuer der Digedags bleiben bis heute lebendig: So gibt es seit Jahren Versuche, Filme mit den Kobolden zu produzieren. Oder es entstehen neue Hefte - so treffen die Digedags in einem nicht im Handel erhältlichen Heft mit der Nummer 230 in Paris auf Jules Verne - in einer "Mosaik"-Hommage an Hegen zum 100. Geburtstag.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Kulturjournal | 16.05.2025 | 19:00 Uhr