Mecklenburg-Vorpommern Silvio Witt: Abschied nach zehn Jahren als Oberbürgermeister
Nach zehn Jahren Dienst hinterlässt Neubrandenburgs Oberbürgermeister fast 150 Millionen Euro mehr auf dem Konto als er bei seinem Amtsantritt vorgefunden hatte. Zwei Drittel der Neubrandenburger hoffen nun, dass es auf seiner Linie weitergeht.
Erst durfte er einen Schuldenberg von rund 92 Millionen Euro abtragen, dann wurde er von seinen Kritikern abgestraft: Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt. Er sei stolz, zehn Jahre Oberbürgermeister dieser Stadt gewesen zu sein: "Und dafür bin ich sehr dankbar. Das wird mich ein Leben lang begleiten. Und ich gehe aus diesem Amt fröhlich und froh. Und deswegen habe ich auch diesen Zeitpunkt gewählt, weil ich glaube, dass mir das später nicht mehr so gelungen wäre."
Rücktritt im Herbst 2024 angekündigt
Nachdem die Stadtvertretung ihm im Oktober 2024 verboten hatte, am Bahnhof die Regenbogenfahne zu hissen, hatte Witt seinen Rücktritt zum 31. Mai 2025 erklärt: "Es geht gar nicht um eine persönliche Enttäuschung, sondern es geht darum, dass dort Menschen agieren, die nicht im Sinne der Stadt agieren aus meiner Sicht", so Witts Erklärung zu seiner Entscheidung im Herbst des Vorjahres.
Kabarettist stellt die etablierten Parteien in den Schatten
2015 wurde Silvio Witt überraschend zum Oberbürgermeister gewählt. Im ersten Wahlgang erhielt der parteilose Kabarettist mit 43 Prozent der Stimmen so viele wie kein anderer der insgesamt sechs Bewerber und gewann anschließend auch die Stichwahl gegen den Landtagsabgeordneten der Linken Torsten Koplin mit 70 Prozent. Witt, der offen homosexuell lebt, war damals 37 Jahre alt und damit in der Historie der Stadt der jüngste Oberbürgermeister. Das Amt übernahm er vom CDU-Politiker Paul Krüger, der seinem Nachfolger ein heftiges Minus in der Kasse hinterließ.
Zur 775-Jahrfeier 2023 trug er als erstes Neubrandenburger Stadtoberhaupt eine Amtskette in Anlehnung an mittelalterliche Traditionen. Seinen Vorschlag, den alten Lokschuppen am Bahnhof zu einer Schwimmhalle umzubauen, verwarf die Stadtvertretung und entschied sich in einem zwei Jahre dauernden Diskussionsprozess für einen Standort am Stargarder Tor. Die konkreten Planungen begannen mit einjähriger Verspätung im Frühjahr 2025.
Ehrenkreuz der Bundeswehr und Ehrenmedaille der Feuerwehr
Wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit hisste Witt ein letztes Mal die Regenbogenfahne am Rathaus und erzählte den rund einhundert Zuhörenden, wie er als 17-jähriger Schwuler beschimpft wurde: "Ich möchte nicht, dass jemand in unserer Stadt lebt, der Angst haben muss, aus irgendeinem fahrenden Fahrzeug angepöbelt zu werden. Das hat niemand verdient, erst recht nicht in so einer spannenden emotionalen Phase, wenn man Teenager ist und sich zum ersten Mal verliebt."
Wenige Tage zuvor hatten sich rund 800 Bürgerinnen und Bürger, Sportler und Kulturschaffende auf einer Abschiedsparty von Witt verabschiedet. Für sein Engagement in Sachen Brandschutz erhielt er bei dieser Gelegenheit die Ehrenmedaille des Deutschen Feuerwehrverbandes. Vier Jahre zuvor verlieh ihm die Bundeswehr das Ehrenkreuz, die höchste Auszeichnung für Zivilisten. Laut Bundeswehr habe er die Partnerschaft zwischen der Vier-Tore-Stadt und den vor Ort stationierten Streitkräften auf eine neue Stufe gehoben.
Witt lässt seine Zukunft offen: "Erstmal Füße hoch!"
Ab Juni will der 47-Jährige erst einmal für zwei bis drei Monate die Füße hochlegen, die Natur genießen und gute Musik hören. Was danach kommt, da sei er nach vielen Seiten offen. Was ein politisches Amt betrifft, da ist er eher skeptisch. Höchstens Kulturpolitik, das könne er sich vorstellen. Das Rathaus überlässt er seinem Nachfolger und Wunschkandidaten Nico Klose, der mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt wurde. Wie Witt ist Klose parteilos, aber Kreistagsabgeordneter mit SPD-Mandat. Ihm hinterlässt Witt ein Guthaben auf dem Konto der Stadt in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 30.05.2025 | 19:00 Uhr
