
Niedersachsen Grüner Wasserstoff aus dem Nordwesten soll Industrie retten
Mit einem Elektrolyseur will der Energieversorger EWE in Emden Wasserstoff mit Strom aus Wind und Sonne herstellen. Die Wirtschaft - besonders die Stahlindustrie - setzt große Hoffnungen in grünen Wasserstoff.
Auf dem Werksgelände von Steelwind Nordenham - gleich neben der Weser - heben zwei Kräne ein rund 1.500 Tonnen schweres Stahlrohr an: Das Windrad-Fundament wird für den Transport zu einem Offshore-Windpark auf einen Lastkahn geladen. Geschäftsführer Andreas Liessem blickt zufrieden auf die Fundamente. Der Stahl stammt aus dem Werk der Unternehmens-Mutter "Dillinger Hütte". In Zukunft will Liessem grünen Stahl verwenden - also Stahl, der mit grünem Wasserstoff hergestellt wurde.
Strom aus Wind- und Sonnenenergie
Das Problem: Den grünen Wasserstoff - also Wasserstoff, der mit Strom aus Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird - gibt es noch nicht. Weder als Import, noch aus heimischer Produktion. Liessem sagt, die Stahlhersteller seien längst bereit, in die Umstellung auf grünen Stahl zu investieren: "Wichtig ist aber, dass wir den grünen Wasserstoff in ausreichender Menge bekommen. Und dafür fehlen in Deutschland noch die Produktionskapazitäten."

Wir brauchen grünen Wasserstoff in ausreichender Menge, sagt der Geschäftsführer von Steelwind Nordenham, Andreas Liessem.
Wasserstoff-Großprojekt in Niedersachsen
Das soll sich jetzt ändern: Der Oldenburger Energieversoger EWE will mit einem Wasserstoff-Großprojekt in Niedersachsen beweisen, dass Wasserstoff im industriellen Maßstab hergestellt, gespeichert und transportiert werden kann. Dafür rollen jetzt Bagger und Lastwagen über eine riesige Sandfläche vor den Toren Emdens: Auf früheres Grünland wird viel Sand aufgeschüttet und so der Baugrund geschaffen für eine Wasserstoff-Erzeugungsanlage, einen sogenannten Elektrolyseur.
Standort Emden hat viele Vorteile
Aus Sicht von Projektleiterin und Ingenieurin Kerstin Kuwan gibt es kaum einen Ort, der sich besser für die Wasserstoff-Produktion eignet als Emden: "Hier in der Region wird viel Wind- und Solarstrom produziert. Dazu haben wir gleich nebenan ein Umspannwerk und dadurch kurze Leitungswege, über die wir den Strom bekommen." Außerdem liege Emden an dem Wasserstoff-Kernnetz, mit dem in Zukunft Wasserstoff etwa zu den Stahlherstellern transportiert werden soll. Und in Huntorf in der Wesermarsch gebe es unterirdische Salzkavernen als künftige Speicher.
Sorgen um Grundwasser
"Und wir haben genügend Wasser", betont Kuwan. Manche Emder machen sich Sorgen, dass auch Grundwasser verwendet werden könnte, um es in dem Elektrolyseur in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Die Projektleiterin von EWE sagt, es gebe ausreichend Oberflächenwasser - also etwa aus Flüssen oder Seen - in der Region. Schon ab 2027 soll der Elektrolyseur des Energieversorgers EWE Wasserstoff im Kraftwerksmaßstab produzieren. In einer Stunde sollen in Emden rund 5.200 Kilogramm Wasserstoff produziert werden - so viel, dass ein 40-Tonnen-Lkw damit rechnerisch zweimal um die Erde fahren könnte.
Die "saubere Wasserstoffküste"
Für den Vorstandschef der EWE AG, Stefan Dohler, gibt es einen entscheidenden Vorteil des Projekts "Clean Hydrogen Coastline" - zu deutsch "saubere Wasserstoffküste": "Wir können mit überschüssigem Strom aus Wind und Sonne Wasserstoff produzieren und diesen dann als Energieträger nutzen, wenn wir wenig Wind und Sonne haben." Der in Emden produzierte Wasserstoff könnte aber auch als Grundstoff für chemische Prozesse genutzt werden oder zur Produktion von grünem Stahl. Und genau auf diesen grünen Stahl hoffen sie auch bei Steelwind Nordenham: Für Geschäftsführer Liessem wäre es ein gutes Verkaufsargument, wenn die Fundamente für die Windräder aus Stahl bestünden, der selbst mithilfe von Strom aus Offshore Windparks hergestellt worden sei.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 22.05.2025 | 19:30 Uhr