
Niedersachsen Komödien nah am Leben: Doris Dörrie feiert 70. Geburtstag
Doris Dörrie gehört mit ihren knapp 30 Filmen zu den wichtigsten Regisseurinnen Deutschlands. Ihr Erfolg begann mit "Männer" und die Komödie bleibt ihre Königsdisziplin. Heute feiert sie ihren 70. Geburtstag.
"Mir geht es schon immer darum, gesellschaftliche Realität abzubilden und zu verstehen", hat Doris Dörrie über ihren jüngsten Film "Freibad" gesagt, der 2022 ins Kino kam. In einem Freibad nur für Frauen treffen unterschiedliche kulturelle Milieus, Haarfarben und Körperformen aufeinander und beäugen sich skeptisch. Die gesellschaftlich oft beschworene Toleranz endet spätestens dort, wo die eigenen Privilegien beginnen. Eine Culture-Clash-Komödie zwischen deutschen Frauen in den Wechseljahren, die sich über einen Neopren-Burkini aufregen, und türkischen Frauen, die mit der deutschen Oben-ohne-Kultur nichts anfangen können.
"Männer": Intelligenter Film mit Leichtigkeit und Niveau
Das Werk von Doris Dörrie zeichnet sich aus durch ausgefeilte Dialoge, präzise inszenierte Bilder und dem Spiel mit Vorurteilen. Die Komödie ist sicherlich ihre Königsdisziplin. "Je ernster die Dinge werden, umso mehr müssen wir uns um Humor bemühen, das ist mein tiefstes Credo", sagte sie einmal. Ihr Film "Männer" aus dem Jahr 1985 war damals mit sechs Millionen Besuchenden der große Überraschungserfolg im bundesrepublikanischen Kino. Heiner Lauterbach spielt darin einen Manager und Macho, der sich in die WG eines Aussteigers und Softies (Uwe Ochsenknecht) schmuggelt, um seine Frau zurückzugewinnen. Kritiker bescheinigten Dörrie, einen intelligenten Unterhaltungsfilm gedreht zu haben, der Leichtigkeit mit Niveau verbinde und den Nerv der Zeit treffe.

Die Hauptpersonen des Films "Männer" und ihre Regisseurin im Jahr 1996: v.l. Heiner Lauterbach, Doris Dörrie (Regie), Ulrike Kriener und Uwe Ochsenknecht.
Silber für "Kirschblüten - Hanami" bei Berlinale
Selbst ihre "ernsten" Filme kommen mit Leichtigkeit daher - etwa die in Frankfurt spielende Krimiverfilmung "Happy Birthday, Türke" nach einem Roman von Jakob Arjouni aus dem Jahr 1991. Er ist inszeniert mit Anklängen an den Film Noir mit einer gehörigen Portion Lakonie. Hoch gelobt wurde auch ihr Film "Kirschblüten - Hanami". Ein bis dahin im Alltagstrott gefangener Bayer (Elmar Wepper) reist nach dem überraschenden Tod seiner Frau nach Japan, um dort das Kirschblütenfest zu erleben. Auf der Reise blüht er nochmal auf - bis auch er stirbt. Was als Film über die Vergänglichkeit begann, entwickelt sich zu einer Hommage an das Leben. Als einer der herausragenden Beiträge bei der Berlinale 2008 wurde "Kirschblüten - Hanami" mit dem Deutschen Filmpreis in Silber gewürdigt und Elmar Wepper als bester männlicher Hauptdarsteller ausgezeichnet.
Japanische Kultur und Buddhismus als Schwerpunkt
Japan, die japanische Kultur und der Buddhismus sind ein kleiner Schwerpunkt in Dörries Werk. Fünf Spielfilme hat sie dort realisiert, darunter den in Schwarzweiß-Film "Grüße aus Fukushima" - ein stilles, bisweilen dokumentarisch wirkendes Kino-Epos über die Freundschaft zwischen einer jungen Deutschen und einer eigenwilligen Japanerin im Katastrophengebiet von Fukushima. Weniger bekannt ist die seinerzeit mit kleinem Team und auf Video realisierte Komödie "Erleuchtung garantiert", in der zwei Brüder nach Japan reisen, um in einem Zen-Kloster zur Ruhe zu kommen.
Doris Dörrie als Buchautorin
Seit 1987 schreibt Doris Dörrie auch Bücher, Kurzgeschichten und Erzählungen, außerdem Kinderbücher. An der Münchner Filmhochschule lehrt sie "Creative Writing". Für Aufsehen sorgte 2019 ihr Buch "Leben, schreiben, atmen" über autobiografisches Schreiben, in das sie viel Persönliches einstreute. Ihr neuestes Buch beginnt mit Erinnerungen an eine fast traumhaft schöne Kindheit in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover: ein spielerischer Essay über das "Wohnen".
Von Hannover nach München
Bei den Dreharbeiten zu "Bin ich schön?" in Almeria starb ihr erster Ehemann, der Kameramann Helge Weindler, an einer Hirnhautentzündung. Tochter Clara, geboren 1989, war damals noch ein Kind. Heute lebt Doris Dörrie mit ihrem Partner, dem Filmproduzenten Martin Moszkowicz, in München und Oberbayern. In München hat die gebürtige Hannoveranerin auch studiert, an der Hochschule für Fernsehen und Film, und 1976 ihren ersten Film gedreht. Momentan arbeitet sie an dem Projekt "Frau Winkler verlässt das Haus". Da geht es um eine alternde Mutter, die von ihrer Tochter einen Pflegeroboter vor die Nase gesetzt bekommt. Zunächst lehnt sie diesen ab, aber dann wird daraus so etwas wie Freundschaft - ein typischer Doris-Dörrie-Kniff zu einem Thema, das nah dran ist am Leben.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Journal | 22.04.2025 | 17:30 Uhr