
Niedersachsen Neue OP-Technik der MHH bietet "Chance auf Heilung"
An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist eine Krebspatientin erfolgreich mit einer neuen Technik operiert worden. Die Ärzte sprechen von einer weltweit einzigartigen OP, die neue Chance auf Heilung gibt.
Die Diagnose, die Susanne Viehmeier 2022 bekam, gab zunächst wenig Grund zur Hoffnung: Gallenwegskrebs, inoperabel. Viehmeier nannte den Tumor "Erich". Trotz ihres "neuen Mitbewohners" gab die 62-Jährige die Hoffnung aber nicht auf. Und auch ihre Ärzte nahmen die Herausforderung an. Der Erfolg gibt ihnen Recht: Wie die MHH nun mitteilte, konnte die Patientin die Klinik in Hannover im April nach einer erfolgreichen innovativen Operation verlassen.
Leber vom Blutkreislauf abgetrennt
Am 1. April haben die Ärzte der MHH nach eigenen Angaben zum ersten Mal die neue OP-Technik angewendet. Ein Risiko, dessen sich die Patientin bewusst war. "Ich habe vor der OP meine eigene Beerdigung organisiert und Abschiedsbriefe geschrieben", sagte Viehmeier dem NDR Niedersachsen. Sie habe sich so besser gefühlt. Laut MHH gelang es den Ärzten, innerhalb von viereinhalb Stunden den bösartigen, von den Gallengängen ausgehenden Tumor zu entfernen, obwohl dieser alle drei Lebervenen betroffen hatte. Der Eingriff basierte demnach auf einer Idee des Transplantationsmediziners Rudolph Pichlmayr. Der regte an, ein krankes Organ außerhalb des Körpers zu operieren.
Erste Operation schon acht Tage vorher
In diesem Fall sei die Technik allerdings im Körper der Patientin umgesetzt worden, so die MHH. Die Leber wurde demnach vom Blutkreislauf des restlichen Körpers abgetrennt und bekam einen eigenen Kreislauf über eine sogenannte Maschinenperfusion. So sollte das Organ am Leben gehalten werden. "Weil die Leber blutleer war, konnten wir in der OP eine Lebervene rekonstruieren", erklärte der Direktor der MHH-Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Moritz Schmelzle. Da das Organ vom Blutkreislauf getrennt war, hatten die Ärzte genug Zeit dafür. Sie entfernten den Tumor zusammen mit einem Leberlappen, wie die MHH mitteilte. Acht Tage zuvor sei die Leber der Patientin bereits in einer anderen Operation gesplittet worden. Da die Leberlappen seitdem anwachsen konnten, übernahmen sie die Funktion demnach auch allein.

Als Dank schenkte Patientin Susanne Viehmeier dem Arzt Moritz Schmelzle einen Kaktus namens "Erich" - so nannte sie auch ihren Tumor.
Chance auf Heilung auch bei hoffnungslosen Fällen
Laut den Ärzten der MHH hatte ein neues Medikament die Operation erst ermöglicht. Das Klinikum Wolfsburg hatte die Patientin Ende 2023 zuerst behandelt. Durch das Medikament sei der Tumor kleiner geworden - eine bessere Voraussetzung für die Operation, hieß es. Der gelungene Eingriff zeige, welche Fortschritte in der Tumortherapie gemacht werden, so Schmelzle. "Auch bei vermeintlich hoffnungslosen Fällen können wir noch eine Chance auf Heilung bieten", so der Arzt. Susanne Viehmeier gehe es nach eigenen Angaben körperlich gut, sie sei nur noch etwas geschwächt von den Medikamenten. "Es ist bei mir noch gar nicht angekommen im Kopf, dass ich jetzt krebsfrei bin", sagte die 62-Jährige dem NDR Niedersachsen. Sie freue sich nun auf die Taufe ihres zweiten Enkelkindes im Juli. "Das war nicht sicher, ob ich da dabei sein kann."
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 23.05.2025 | 15:00 Uhr