Justitia mit einem VW Logo (Montage)

Niedersachsen Urteil im VW-Dieselskandal erwartet: Haftstrafen für vier Ex-Manager?

Stand: 26.05.2025 06:26 Uhr

Vor dem Landgericht Braunschweig wird heute das Urteil in einem Mammutprozess erwartet: Angeklagt sind vier ehemalige VW-Manager, die in den Abgas-Skandal verwickelt gewesen sein sollen.

Sollte der Richter tatsächlich entscheiden, wäre es das erste Mal, dass vor dem Landgericht Braunschweig ein Strafprozess im Zusammenhang mit dem VW-Dieselskandal mit einem Urteil endet. Und das knapp zehn Jahre nachdem der Betrug aufgeflogen war. Auf mehr als 75.000 Seiten belaufen sich die Ermittlungsakten, 400 Seiten umfasst die Anklageschrift, mehr als 170 Verhandlungstage gab es. Und: "Die Kammer hat unter anderem etwa 150 Zeugen vernommen und auch während der laufenden Verhandlung immer wieder noch weitere Nachermittlungen durchführen lassen, um den komplexen Sachverhalt aufzuklären", so Gerichtssprecher Benedikt Eicke.

Staatsanwaltschaft fordert Haftstrafen von zwei bis vier Jahren

Klar ist: Es ist ein Mammutprozess, der nun voraussichtlich endet. Den vier ehemaligen VW-Beschäftigten werden vor allem gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. Sie sollen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichem Ausmaß gewusst haben, dass bei den Dieselmotoren betrogen wurde. Die Staatsanwaltschaft hat für sie Haftstrafen zwischen zwei und vier Jahren gefordert. Der ranghöchste Angeklagte war Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen und soll genauso wie ein ehemaliger Leiter der Antriebstechnik für drei Jahre in Haft. Die höchste Strafe fordert die Staatsanwaltschaft für den ehemaligen Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung, für ihn beantragte sie eine vierjährige Freiheitsstrafe. Lediglich ein ehemaliger Abteilungsleiter soll nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt werden.

Skandal hat VW bisher mehr als 32 Milliarden Euro gekostet

Der Dieselbetrug war im September 2015 von Behörden in den USA aufgedeckt worden. Durch eine manipulierte Software fielen die Abgaswerte bestimmter Dieselfahrzeuge auf dem Prüfstand deutlich geringer aus als im tatsächlichen Straßenverkehr. In der Folge musste Volkswagen Autos nachrüsten und Tausende Kundinnen und Kunden entschädigen, bis jetzt hat der Skandal das Unternehmen mehr als 32 Milliarden Euro gekostet. Ursprünglich sollte der ehemalige VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn gemeinsam mit den vier Ex-Managern vor Gericht erscheinen. Sein Verfahren wurde jedoch abgetrennt, weil Winterkorn erkrankte, seitdem wird es separat geführt.

Winterkorn aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Gericht

Unklar ist, ob es im Prozess gegen den früheren mächtigen VW-Boss - angesichts seines Gesundheitszustandes und seines fortgeschrittenen Alters - überhaupt jemals ein Urteil geben wird. Aktuell liegt das Verfahren auf Eis. Juristisch ist der Dieselbetrug also in jedem Fall längst nicht abgeschlossen. Neben dem Winterkorn-Prozess gibt es weitere Gerichtsverfahren: Strafprozesse gegen andere ehemalige VW-Manager, Zivilklagen von Kundinnen und Kunden, eine Sammelklage von Aktionärinnen und Aktionären - die Liste ist lang.

Dieselbetrug als "teurer Weckruf"

Und auch jenseits der Gerichte hat "Dieselgate", wie der Betrug auch genannt wird, seine Spuren hinterlassen. Aus den mehr als 32 Milliarden, die der Skandal bisher gekostet hat, könnten noch 40 bis 50 Milliarden Euro werden, schätzt Frank Schwope, Dozent für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands. Er sieht aber auch positive Effekte, spricht von einem "teuren Weckruf". So habe der Dieselskandal das Umsteuern zur Elektromobilität beschleunigt, trotz aller Kritik sei Volkswagen mittlerweile der viertgrößte E-Autobauer der Welt. Und innerhalb des Konzerns sei eine andere Unternehmenskultur eingezogen. Betrug kann zu Haftstrafen führen, so laute der "Warnschuss" an alle Beschäftigten.

Fondsgesellschaften kritisieren Unternehmensführung

Ob diese neue Unternehmenskultur ausreicht, um in Zukunft vergleichbare Skandale zu vermeiden, lässt sich schwer abschätzen. Beim Punkt "gute Unternehmensführung", Corporate Governance genannt, rangiert Volkswagen regelmäßig auf den hinteren Plätzen. Kritisiert wird - etwa von großen Fondsgesellschaften - unter anderem eine mangelnde Unabhängigkeit des Aufsichtsrates.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 26.05.2025 | 06:00 Uhr