
Niedersachsen Viele letzte Male - Ministerpräsident Weil auf Abschiedstour
Am Dienstag wird Stephan Weil aus dem Amt des Ministerpräsidenten ausscheiden. Der NDR hat ihn bei seinen letzten Terminen begleitet - schnell wird klar: Der SPD-Politiker freut sich auf das Ende der ewigen Abschiedstour.
Wer Stephan Weil dieser Tage auf seiner Abschiedstour begleitet, merkt schnell - der Zenit ist überschritten. Denn seit er Anfang April bekanntgegeben hat, dass er sich vom Amt des Ministerpräsidenten und Landesvorsitzenden zurückzieht, gibt es für den SPD-Politiker viele letzte Male. Seit sechs Wochen nimmt er nun also Abschied - oder vielmehr die Menschen von ihm. Denn viele wollen ihm nochmal besondere Worte entgegenbringen. Und das ganz unabhängig davon, ob sie ihn irgendwann mal gewählt haben oder nicht. Das eigentliche Ereignis ist dabei noch gar nicht erreicht, Stephan Weil ist noch nicht zurückgetreten - der Höhepunkt ist dennoch längst überschritten. Das merkt man dem scheidenden Ministerpräsident an.
Weil ist stolz auf das Integrationsbündnis
In diesen Tagen gibt es viele letzte Handschläge, große Bühnen und wertschätzende Worte. So auch bei der Integrationskonferenz von "Niedersachsen packt an". Dem Bündnis, das er 2015 gemeinsam mit Sozialpartnerinnen und -partnern geschaffen hat, um die Menschen zu integrieren, die damals nach Deutschland kamen. Seither hat sich viel getan - Ankommende aus Kriegsgebieten werden schon lange nicht mehr jubelnd am Bahnhof begrüßt. Das Klima ist rauer geworden. Weil nutzt seine letzte Rede auch deshalb, um zu sagen: "Wenn ich für mich ganz persönlich eine Bilanz ziehe, was hat gut geklappt, was hat nicht gut geklappt", sagt er. "Dann wird das Bündnis ganz sicher auf der Plusseite stehen." Niedersachsen habe seit 2015 rund 300.000 Menschen aufgenommen, sagt er und wirkt dabei stolz.
Regierungszeit voller Krisen
Die vergangenen zwölf Jahre seiner Regierungszeit waren geprägt von Krisen. Erst Migration, dann Corona, dann Wirtschaft und dann wieder Migration. Im Gespräch mit dem NDR sagt Weil: "Wir haben in den letzten Jahren gefühlt eine Krise nach der anderen gehabt. Das hat viel Kraft und viel Anstrengung gekostet." Eine Zeit, die nicht spurlos an ihm vorbeigegangen ist. Auch wenn ihn plötzlich viele Menschen wohlwollender wahrgenommen haben: Nämlich als Krisen-Manager und nicht mehr als spröden Politiker. Der Mann, der mehr als 30 Jahre in der Öffentlichkeit stand, wirkt nach all der Zeit auch etwas müde. 1991 übernahm der Rechtsanwalt den Vorsitz des SPD-Unterbezirks Hannover. 1997 wurde er Stadtkämmerer der Landeshauptstadt und 2006 Oberbürgermeister. Das blieb der Sozialdemokrat, bis er nach einer CDU-Dekade 2013 zum niedersächsischen Ministerpräsidenten gewählt wurde.
Weil galt für manche als Zauderer
Weil wurde zu einer der wichtigsten Stimmen seiner Partei. Er war Dauergast in Talkshows und wurde für den SPD-Bundesvorsitz gehandelt. "Er hat Niedersachsen auch über die Landesgrenzen hinweg gut repräsentiert", ist eine Teilnehmerin der Integrationskonferenz überzeugt. Doch für manche gilt er nach wie vor als Zauderer, als Mann, der keine innovativen Entscheidungen trifft. Ganz nach dem Motto: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Nicht die einzige Kritik: Weil entscheide seit jeher ganz allein, beziehe niemanden mit ein. So wie bei seinem Entschluss, Anfang April seinen Rücktritt bekannt zu geben und den Weg für Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) freizumachen. In seiner Partei hat genau dieses Handeln für Unsicherheit gesorgt.
Auch Abschied ist anstrengend
Seit Anfang April muss er nun also Abschied nehmen. Weil macht im Gespräch mit dem NDR Niedersachsen kein Geheimnis darum: Für ihn könnte der Abgang ruhig schneller kommen. Der Abschied ist auch für ihn nicht leicht: Denn die vielen netten Gespräche, die er in diesen Tagen führe, lösten in ihm einen "Hauch von Wehmut" aus. Aber er freue sich eben auch auf die Zeit danach, sagt er. "Dann wird es ruhiger werden. Dann habe ich mal Zeit, die ich frei gestalten kann."
Zeit der medienwirksamen Bilder ist vorbei
Aber im Moment bewegt sich der Noch-Ministerpräsident irgendwo zwischen Neuanfang und Nostalgie. So auch auf dem Stadtteilbauernhof in seinem Wahlkreis in Hannover Sahlkamp. Hier entsteht ein Anbau - Weil ist da zum Spatenstich. Wieder Händeschütteln, nette Worte und Kinder. Die Kleinen haben die Schaufeln für den Spatenstich längst in die Hand genommen. Dabei sollte eigentlich Weil mit den Spielzeug-Schaufeln das große bauliche Symbol setzen. Kinder und Politiker auf Bildern, das hat medial schon immer gut funktioniert, aber der Ministerpräsident ziert sich. Er sagt, er wolle jetzt wirklich keinem Kind das Spielzeug klauen.
Militärischer Abschied am Montagabend
Die Zeit der medienwirksamen Bilder ist vorbei, sie hat ihren Höhepunkt überschritten. Weil ist bereit, die große öffentliche Bühne zu verlassen. Am Dienstag ist der Zeitpunkt gekommen, dann wird Weil im Landtag auch offiziell zurücktreten. Am Montagabend wird der Noch-Ministerpräsident vor dem Rathaus in Hannover von der Bundeswehr verabschiedet. Eines der Abschiedslieder, das für ihn gespielt wird, ist: "Won't forget these days" - die Tage seiner zwölfjährigen Amtszeit wird Stephan Weil ganz sicher nicht vergessen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 19.05.2025 | 19:30 Uhr