Blick auf den Haupteingang der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle/Saale.

Niedersachsen Vorteil Intervallfasten? Wissenschaftler aus Osnabrück ausgezeichnet

Stand: 21.05.2025 12:23 Uhr

Große Ehre für Christian Ungermann: Der Wissenschaftler der Uni Osnabrück ist in die Leopoldina aufgenommen worden. Im NDR Interview erklärt er, wie sich Zellen gesund halten und welche Rolle Intervallfasten dabei spielen kann.

Ungermann ist der erste Forscher der Universität Osnabrück, der in die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, aufgenommen wurde. Die Einrichtung in Halle (Sachsen-Anhalt) vertritt die deutsche Wissenschaft im Ausland und berät auch die Politik. Ungermanns Forschung helfe, komplexe Prozesse im Körper besser zu verstehen, teilte die Leopoldina mit. Dabei gehe es um wichtige Aspekte beim Alterungsprozess, bei verschiedenen Krankheiten wie Krebs, Parkinson, Alzheimer und bei Infektionen.

Herr Ungermann, worum geht es genau in Ihrer Forschung?

Christian Ungermann: In unserer Arbeitsgruppe forschen wir vor allen Dingen an der Art und Weise, wie der zelluläre Magen, also ein Teil unserer Zellen, funktioniert. Wir untersuchen, wie dort Material hinkommt und wie das Material am Ende verdaut wird - damit auch die Zelle in ihrer Funktion aufrechterhalten wird. In unseren Zellen häuft sich immer wieder "Müll" an. Dazu zählen zum Beispiel Zell-Organellen, die nicht mehr gebraucht werden, oder verklumpte Proteine. Der zelluläre Magen nimmt diese dann auf und verdaut sie in ihre Einzelteile, welche dann wiederum als Bausteine für neue Zellteile dienen. Dieser Prozess heißt zellulärer Selbstverdau oder auch Autophagie.

Christian Ungermann empfängt die Aufnahme-Urkunde in die Leopoldina.

Christian Ungermann erhält die Aufnahme-Urkunde von Leopoldina-Chefin Bettina Rockenbach.

Im Grunde genommen werden dabei Zellteile recycelt?

Ungermann: Genau. Das ist so, als ob ich ein altes Haus zerlege, alle Ziegel einsammle und daraus ein neues Haus baue. Diese Ziegel sind für Zellen die Aminosäuren und daraus bauen die Zellen neue Proteine. Und wenn wir gestresst sind, funktioniert dieser Prozess der Autophagie nicht mehr so reibungslos.

Welche Folgen kann das für den Körper haben?

Ungermann: Je voller ich einen Abfallkorb fülle, mit allem möglichen Dreck, umso weniger kann ich oben reinpacken. Nur für eine Apparatur, die dafür zuständig ist, alles zu verdauen, ist das ein Problem. Wenn der Zellmagen zu voll ist, um neues Material aufzunehmen und zu verarbeiten, arbeitet er ineffizient. Und genau das passiert zum Beispiel in gestressten Zellen. In Nervenzellen kann das zu neurodegenerativen Krankheiten führen. Und daraus lernen wir eben eine ganze Menge. Medikamentenforschung machen wir damit immer noch nicht. Aber wir können vorhersagen, was man tun sollte und was man lassen sollte.

Und Intervallfasten gehört zu den Dingen, die man tun sollte?

Ungermann: Jeder Organismus, der nicht in Überfluss lebt, sondern ein bisschen weniger Nahrung zu sich nimmt, der lebt gesünder und er lebt auch länger. Und die Grundlage dafür ist dieser zelluläre Selbstverdau, der im zellulären Magen stattfindet. Denn die Autophagie wird angeregt, wenn wir etwas weniger Nahrung zu uns nehmen, aber auch, wenn wir Sport machen.

Für Ihre Forschung wurden Sie nun in die Leopoldina aufgenommen, was bedeutet das für Sie?

Was ist die Leopoldina?
  • Die 1652 gegründete Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle (Sachsen-Anhalt) hat rund 1.700 Mitglieder aus zahlreichen Wissenschaftsdisziplinen. Darunter rund 120 Nobelpreisträgerinnen und -träger.
  • 2008 wurde die Leopoldina zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt.
  • Zu ihren Aufgaben zählen die Vertretung der deutschen Wissenschaft im Ausland sowie die Beratung von Politik und Öffentlichkeit.

Ungermann: Die Auszeichnung geht ja nicht nur an mich, sondern an die gesamte Arbeitsgruppe. Sie hat die gesamten Daten erhoben. Das darf man nicht so sehr nur auf meine eigene Person beziehen. Und was immer eine Rolle spielt, ist das, was man in Zukunft macht und wie man die Arbeitsgruppe weiterführt. Ich sehe die Auszeichnung daher auch als Herausforderung. Man will ja das Niveau halten. Das heißt also: In dem Augenblick, wenn man so eine Auszeichnung bekommt, ist das für mich eigentlich eher ein Zeichen dafür, dass ich an der Stelle weitermachen sollte.

Das Interview führte Johanne Burkhardt, NDR.de.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Osnabrück | 20.05.2025 | 15:00 Uhr