
Saarland Ärzte und Pflegekräfte aus dem Ausland unverzichtbar in den Saar-Krankenhäusern
Sie halten das System am Laufen: Beschäftigte mit Migrationsgeschichte. Fielen sie weg, hätten die Krankenhäuser im Saarland ein massives Problem. Das haben die großen Kliniken dem SR bestätigt. Teils liegt der Anteil der Beschäftigten mit Migrationsgeschichte bei über 50 Prozent.
Martina Kind
Sie kommen aus Syrien, Mexiko, Indien, Rumänien, Polen und vielen anderen Nationen: Ärzte und Pflegekräfte, die sich um Kranke und Verletzte in den saarländischen Kliniken kümmern. Ohne sie wäre eine stabile Versorgung von Patientinnen und Patienten nur noch schwer bis gar nicht möglich. Das hat eine Umfrage des SR unter den großen Krankenhäusern im Saarland ergeben.
Anteil der Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit in den Saar-Krankenhäusern
Demnach liegt der Anteil der Beschäftigten, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, in den großen Saar-Krankenhäusern inzwischen bei 10,6 bis 15,5 Prozent. Hinzu kommen die Beschäftigten mit Migrationsgeschichte, die in Deutschland eingebürgert sind oder bereits in zweiter oder dritter Generation hier leben und somit die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Wie hoch ihr Anteil ist, wird laut den Kliniken nicht erfasst. Klar sei aber, dass er noch einmal deutlich höher ist. Dietmar Bochert, der Sprecher der Marienhaus Gruppe, die im Saarland Kliniken in Saarlouis, Neunkirchen und St. Wendel betreibt, spricht von über 50 Prozent. Im SHG-Klinikum Sonnenberg in Saarbrücken wird der Anteil auf über 40 Prozent geschätzt.
Würde es ohne sie überhaupt noch laufen? Wohl kaum. "Der Verlust dieser Mitarbeitenden würde katastrophale Folgen für die Versorgung haben", sagt Bochert. Das bestätigt Susanne Faas vom Caritas Klinikum Saarbrücken. Es würde "deutlich schwieriger werden ohne Beschäftigte mit Migrationshintergrund. Insbesondere wenn man Migranten in der ersten oder zweiten Generation mit einschließt".
Beschäftigte aus über 70 Nationen arbeiten in Saar-Kliniken
Vor allem aus dem ärztlichen Dienst und aus der Pflege seien die Beschäftigten mit Migrationsgeschichte, egal ob sie nun die ausländische oder deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, nicht mehr wegzudenken.
Im Klinikum auf dem Winterberg in Saarbrücken kommen den Angaben zufolge rund 25 Prozent der Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland, knapp 19 Prozent der ausländischen Beschäftigten sind in der Pflege tätig. "Die meisten der im Ausland geborenen Beschäftigten sind nicht etwa im angrenzenden Frankreich zur Welt gekommen, sondern in Mexiko", so die Klinikums-Sprecherin Kristin Schäfer. "Insgesamt sind bei uns 435 Beschäftigte aus 74 Nationen tätig." 118 von ihnen kommen aus Mexiko.
Seit 2019 werben das Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) in Homburg und das Klinikum auf dem Winterberg um Pflegekräfte aus Mexiko. Am UKS stammen aktuell 291 von insgesamt rund 2500 Beschäftigten im Pflegedienst aus anderen Herkunftsländern. "Von den rund 800 Ärztinnen und Ärzten kommen rund 280 aus anderen Ländern. Und zwar insgesamt aus 60 verschiedenen Nationen, darunter führend Syrien (29), Rumänien (21) und Luxemburg (20)", teilt UKS-Sprecher Florian Preuß mit.
In den Marienhaus Kliniken im Saarland sind 50 unterschiedliche Staatsbürgerschaften vertreten, berichtet Sprecher Bochert. 142 ausländische Beschäftigte arbeiten im ärztlichen Dienst, 84 in der Pflege und 51 befinden sich in der Pflegeausbildung. "Die größten Gruppen bilden Syrien (81), gefolgt von Italien (18) und Polen (17), Indien (13), Bosnien (11) und Rumänien (11). In der Gruppe der Ärzte hat Syrien mit 43 Mitarbeitenden den größten Anteil."
Auch die Zahl der Patienten mit Migrationsgeschichte steigt
Beschäftigte mit Migrationsgeschichte schließen aber nicht nur einfach die Lücken, die sich durch den Fachkräftemangel ergeben. Sie bereichern laut Susanne Faas vom Caritas Klinikum Saarbrücken auch den Klinikalltag: "Besonders wertvoll ist die Vielfalt an kulturellen und beruflichen Hintergründen, die unsere Mitarbeitenden – mit und ohne Migrationsgeschichte – mitbringen. Jeder lernt von jedem, und jeder hilft jedem."
Das sei vor allem deshalb wichtig, weil auch die Zahl an Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund steige. "In diesem Zusammenhang sind wir besonders dankbar, dass wir auf zahlreiche Beschäftigte mit Migrationsgeschichte zählen können. Sie sind nicht nur als Dolmetscher manchmal unverzichtbar, sondern unterstützen auch bei der kultursensiblen Pflege und Behandlung. So fühlen sich unsere Patientinnen und Patienten verstanden, sicher und gut bei uns aufgehoben."
Dem pflichtet der Pflegedirektor am UKS in Homburg, Serhat Sari, bei. Diversität in der Pflege sei nicht nur ein Konzept, sondern "eine fundamentale Notwendigkeit" in einer zunehmend vielfältigen Gesellschaft. "Unser Pflegeteam spiegelt die unterschiedlichen kulturellen, sozialen und ethnischen Hintergründe unserer Patienten wider. Dies ermöglicht uns, individuellere und bedarfsgerechtere Pflege zu bieten."
Zuwanderung bleibt auch in Zukunft wichtig
Auch in Zukunft werden die Krankenhäuser im Saarland eigenen Angaben zufolge dringend auf internationale Fachkräfte angewiesen sein – denn immer weniger Menschen müssen immer mehr und vor allem ältere Patientinnen und Patienten versorgen. Schon jetzt ist die Situation aufgrund des Fachkräftemangels angespannt. Besserung deutet sich nicht an, im Gegenteil. Im Saarland gehen nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung rund zehn Prozent aller Beschäftigten in den kommenden zehn Jahren in Rente. Das Problem wird sich damit also weiter verschärfen.
„Die demografische Entwicklung stellt uns auch im Saarland vor eine große Herausforderung und wir sind sehr froh darüber, dass wir in den vergangenen Jahren und Monaten Menschen aus Mexiko, Indien, Kolumbien, dem Iran und mehreren Balkanstaaten für die Arbeit am UKS gewinnen konnten, sodass deren hohe Fachkompetenz und ihre Leidenschaft für den Pflegeberuf nun den Menschen im Saarland zugutekommen“, sagt Christian Müller, Personaldezernent des UKS.
Die Kliniken im Saarland könnten nur hoffen, attraktiv für Fachkräfte aus dem Ausland zu bleiben. Gleichzeitig sei es wichtig, ihnen auch abseits der Arbeit das Gefühl zu vermitteln, im Saarland willkommen zu sein, so Müller. "Die ausländischen Pflegefachkräfte sollen hier eine zweite Heimat finden."