Eine Rose liegt auf einem Stolperstein.

Saarland Vergessenes Nazi-Opfer: Stolperstein in Eschringen

Stand: 27.05.2025 12:47 Uhr

In Eschringen wird gerade ein Stolperstein für Peter Baptist Hergott verlegt. Er wurde von den Nazis als sogenannter "Asozialer" verfolgt und ermordet. Der Stolperstein ist in der Hauptstraße 80 in Eschringen zu finden.

Reporterin: Lisa Krauser / Onlinefassung: Eva Lippold

Peter Baptist Hergott wird am 13. März 1897 in Eschringen geboren. Mit 14 macht er eine Lehre zum Heizungsmonteur, später arbeitet er auf der Grube. Mit 17 dann der erste große Schicksalsschlag: Ein schwerer Arbeitsunfall auf der Grube. Beckenquetschung.

Und es kommt noch schlimmer: Bei einer Granatexplosion 1927 zieht er sich schwere Verbrennungen zu, er wird auf dem linken Ohr taub. 1930 verliert er bei einem Verkehrsunfall alle Oberkieferzähne. Er kann nicht mehr arbeiten und wird zum Invaliden. Und für die Nationalsozialisten zum sogenannten "Asozialen".

Gedenken nach über 80 Jahren

Heute, über 80 Jahre später, will Rainer Hartz aus Eschringen, ihm gedenken. Er ist zufällig auf den Namen Peter Baptist Hergott gestoßen. "Ich wollte der Sache auf den Grund gehen: Was war das für ein Mensch? Was war das für ein Schicksal? Warum wurde er als 'asozial' stigmatisiert?"

Saarbrücker Stadtarchiv erforscht Geschichte der "Asozialen"

Antworten auf diese Fragen hat Ruth Bauer vom Saarbrücker Stadtarchiv. Sie hat Rainer Hartz bei seiner Recherche unterstützt. "Die sogenannten 'Asozialen' hat man seit 1938 verfolgt. Das waren Kleinkriminelle, Wohnungslose, Prostitutierte", erklärt die Historikerin.

Verhaftet wegen "Passvergehen" und im KZ ermordet

Nachdem Peter Baptist Hergott nicht mehr arbeiten kann, zieht er zu seiner Mutter, die damals in der Nähe von Forbach lebt. 1938 wird er in Eschringen verhaftet, wegen eines Passvergehens.

Er muss 20 Tage ins Gefängnis, auf die Lerchesflur. Danach schieben die Nazis ihn nach Frankreich ab. Dort verhaften sie ihn 1943 und verschleppen ihn ins KZ Natzweiler. Dort stirbt er wenige Wochen später.

Willkür und Menschenverachtung des Nazi-Regimes

All das hat Rainer Hartz über die Gestapo-Akte und Dokumente aus dem KZ, die noch erhalten sind, herausfinden können.

Bei seinen Recherchen sei ihm nochmal deutlicher geworden, wie willkürlich die Nazis und ihr menschenverachtendes Regime Menschen verfolgt haben: "Das hätte genauso gut mir oder jemandem aus der Familie passieren können, dass man einfach willkürlich als 'Asozial' abgestempelt wird und quasi als lebensunwertes Leben auf die Seite geschoben, ja sogar ermordet wird", sagt Hartz. Für ihn einfach unglaublich.

Einer der ersten Stolpersteine aus der Opfergruppe der "Asozialen"

Erst vor fünf Jahren hat der Bundestag sogenannte "Asoziale" offiziell als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt. Der Stolperstein für Peter Baptist Hergott ist einer der ersten Stolpersteine für Menschen aus dieser Opfergruppe in Saarbrücken. Er soll erinnern - und mahnen.

"Das macht mich natürlich nachdenklich, denn man sieht, wie ein totalitäres Regime unliebsame Menschen nach willkürlich festgelegten Faktoren abstempelt und der Vernichtung zugeführt hat", sagt Rainer Hartz. Das sei so, als wenn wir heute alle Menschen, die unter der Brücke leben, einsammeln, in Arbeitslager stecken und dort umbringen würden, fügt die Historikerin Bauer hinzu. "Man muss sich das heute einfach mal vorstellen - einfach nur, weil sie für die Gesellschaft keinen Mehrwert erbringen können."

Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" auf SR 3 Saarlandwelle am 27.05.2025.