Ein Plakat mit der Aufschrift: "Was hattest du an?"

Schleswig-Holstein "Was hattest du an?" Ausstellung zu falscher Opferschuld

Stand: 31.05.2025 17:36 Uhr

In Kiel will die Ausstellung "Was hattest du an?" über sexualisierte Gewalt aufklären. Sie zeigt Kleidung von Frauen aus Norddeutschland, die Übergriffe erlebt haben. Initiiert hat die Ausstellung eine Betroffene.

Von Anke Rösler

Eine dunkle Jeans mit zwei kleinen Schlitzen in Kniehöhe und ein graues Langarmshirt - das Outfit einer Frau, die im Keller eines Mehrfamilienhauses, ihrem Zuhause, vergewaltigt wurde. Eine Strickjacke und ein schwarzes Shirt - die Kleidung einer Schülerin, die von ihrem ersten Freund im Kinderzimmer missbraucht wurde, während seine Mutter nebenan das Essen kochte. Es sind nur zwei Beispiele, die die Besucherinnen und Besucher der Wanderausstellung in der Kieler Holstenstraße ganz ruhig werden lassen.

Initiatorin der Ausstellung hat selbst einen Übergriff erlebt

Die Ausstellung zeigt die Kleidung von 13 Frauen und Mädchen, die der nachempfunden ist, die sie bei sexuellen Übergriffen getragen haben. Alle Betroffenen kommen aus Norddeutschland. Emely Unger, die Ausstellungsinitiatorin, hat selbst einen Übergriff erlebt. Sie hat "Was hattest du an?" vor vier Jahren das erste Mal in Kiel gezeigt. Nun kehrt die Ausstellung an ihren Ursprung zurück.

"Was hattest du an?" suggeriert Mitschuld der Frauen

Die Ausstellung gibt durch die gezeigte Kleidung und Zitate der Opfer Einblick in die Gefühlswelt von Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Sie macht klar, dass es nicht an der Kleidung liegt, wenn Grenzen überschritten werden. Die Frage an die Opfer "Was hattest du an?" suggeriere eine Mitschuld der Betroffenen, sagt Emely Unger. Noch immer würden Frauen nach einem Übergriff mit dieser Frage konfrontiert. Das macht es schwer, das Geschehene zu verarbeiten und löst einen Rechtfertigsdruck aus.

Zwei Outfits in einem Museum

Die Ausstellung in Kiel zeigt Kleidung, wie sie Frauen bei sexuellen Übergriffen getragen haben.

Gezeigt wird Kleidung, die der während des Übergriffs ähnelt

Bei den Ausstellungsobjekten handelt es sich nicht um die tatsächlichen Outfits, sondern nachempfundene Kleidung vom Übergriff. Denn die Original-Kleidung verbleibe oft bei der Polizei oder werde von den betroffenen Frauen entsorgt, so die Initiatorin der Ausstellung. Vielmehr geht es Emely Unger darum, die Frage nach falscher Opferschuld in den Mittelpunkt zu stellen. Denn ob man einen Übergriff erlebt, hat man laut der Ausstellerin gar nicht in der Hand: "Egal, was man trägt oder wie viel man getrunken hat, wir können uns nicht effektiv davor schützen."

Wenn man diese Fragen wie 'Was hattest du an?' stellt, dann bedeutet das für die Betroffenen: Vielleicht bin ich selber Schuld, weil hätte ich den längeren Rock angezogen, den niedrigeren Ausschnitt oder den roten Lippenstift weggelassen, dann wäre mir das vielleicht nicht passiert."
— Emely Unger, Ausstellungsmacherin und Betroffene

Hilfe beim Umgang mit betroffenen Frauen und eigenem Erleben

Im Ausstellungsraum gibt es Hilfe für den Umgang mit Betroffenen; in einem geschützten Bereich können Besucherinnen und Besucher ihre Gedanken, Wünsche und Erfahrungen anonym teilen. Die Ausstellung ist kostenfrei und in der Kieler Holstenstraße 2 - 12 am Alten Markt bis zum 15. Juni zu sehen.

Beratungsstellen bei sexualisierter Gewalt
Sie sind selbst Opfer sexualisierter Gewalt oder haben den Verdacht, dass jemandem in Ihrem Umfeld sexuelle Gewalt angetan wird? Bei den folgenden Beratungsstellen finden Sie Hilfe:

Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
08000 116 016 und online www.hilfetelefon.de zu allen Formen von Gewalt
rund um die Uhr und kostenfrei.

Frauenhaus Kiel
Tel: 0431/68 18 25
www.frauenhaus-kiel.de

Manchmal ist Schreiben leichter als Sprechen
Über text us können Sie Frauenberatungsstellen und -notrufe in Schleswig-Holstein ganz einfach kontaktieren:
anonym, kostenlos und sicher.
www.lfsh.de/index/php.textus

Weißer Ring E.V. Kiel
Das Opfer-Telefon des Weißen Rings ist täglich von 7 bis 22 Uhr unter der Nummer 116 006 erreichbar für alle, die mit einer Straftat konfrontiert wurden.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 31.05.2025 | 19:30 Uhr