
Neue Wege in der Vorsorge Hautkrebs-Check mit KI und Ferndiagnose
Ein neues Gerät fürs Hautkrebs-Screening soll trotz Fachärztemangel künftig mehr Untersuchungen ermöglichen, um Hautkrebs frühzeitig zu erkennen. Die Technik nutzt Künstliche Intelligenz und Ferndiagnose.
Die "Checkup-Box" ist eigentlich keine Box, sondern ein Gestell, auf dem sich eine hochauflösende Kamera, ein Computer, zwei Bildschirme und ein Auflichtmikroskop befinden. Computergesteuert kann damit die Haut der Patienten und Patientinnen fotografiert werden. Die auf einer vertikalen Schiene befestigte Kamera fährt auf und ab und fotografiert die Patienten in verschiedenen Positionen: Von vorne und hinten, seitlich - sogar die Fußsohlen. Jedes Fotos wird zudem mit verschiedenen Belichtungsstärken gemacht, um spätere eine genauere Diagnostik zu ermöglichen.
Das Gerät für das Hautkrebs-Screening muss dazu nicht in einer Facharztpraxis stehen. Denkbar sind auch Versorgungszentren in ländlichen Regionen mit Facharztmangel, in denen medizinische Fachkräfte das Screening durchführen, die Diagnose dann aber in einer weit entfernten Facharztpraxis stattfindet.
Diagnose aus der Ferne
Die Ärztin oder der Arzt kann sich die Bilder nach wenigen Minuten ansehen - egal wo er oder sie sitzt. Das geht sogar zu Hause, so die Hautärztin Cecilia Dietrich, die die Checkup-Box anderen Ärzten und Ärztinnen anbietet. "Gerade in der Dermatologie haben wir einen wachsenden Anteil an Ärztinnen, die Kinder haben und an die Kita-Öffnungszeiten gebunden sind. Die können sich die Daten dann ziehen, wenn es ihnen gut passt, und ganz in Ruhe zu Hause zum Beispiel am Küchentisch die Befundung durchführen."
Künstliche Intelligenz sucht nach Krebs
In der Checkup-Box arbeitet eine Künstliche Intelligenz. Sie vergleicht die aufgenommenen Bilder mit Vergleichsbildern von Hautkrebs, die in einer Datenbank abgelegt sind. Anschließend markiert die KI verdächtige Stellen und zeigt diese Läsionen - pathologische Hautveränderungen - auf dem Bildschirm an. Aus der Ferne kann der Arzt oder die Ärztin dann eine medizinische Fachkraft anweisen, diese Stellen eingehender aufzunehmen. Das geschieht mit einem Auflichtmikroskop, das auch tiefere Hautschichten erfassen kann.
Eine Wahrscheinlichkeit für jeden Hautkrebs-Typ
Jetzt kommt die KI voll zum Einsatz und vergleicht die Aufnahmen mit noch mehr Hautkrebs-Informationen aus ihrer Datenbank. Anschließend gibt sie für jede mögliche Hautkrebs-Variante eine Wahrscheinlichkeit aus, sowie eine Gesamtwahrscheinlichkeit, dass überhaupt Hautkrebs vorliegt.
Doch die KI hat nicht immer recht, so Dietrich. "Die ist besonders gut für die pigmentierten Läsionen, also für den schwarzen Hautkrebs. Darauf ist sie sehr gut trainiert. Aber es gibt ja noch andere Hautkrebsarten. Und da ist der erfahrene Dermatologe immer noch überlegen."
Sie kommt daher oft zu einem anderen Ergebnis als die KI, die sehr sensitiv eingestellt sei und übermäßig häufig eine Operation vorschlage. Dennoch unterstütze die KI sie bei der Erstellung des Befunds.
150 Euro pro Haut-Screening
Noch werden solche KI-unterstützten Hautkrebs-Screenings erst vereinzelt in Deutschland angeboten. Das System Checkup-Box von Cecilia Dietrich und ihrem Team startet jetzt in München. Bald soll auch ein Gerät im oberbayerischen Ampfing stehen. Die private Krankenversicherung zahlt die Behandlung, gesetzlich Versicherte müssen dagegen 150 Euro zahlen.
Wissenschaftliche Begleitung der neuen Technologie
Wilhelm Stolz von der Ludwig-Maximilians-Universität München begleitet die Einführung dieser KI-gestützten, ferndiagnostischen Technik und will in zwei Jahren ein Gutachten über die Effizienz und Zuverlässigkeit veröffentlichen: "Der wichtige Punkt ist, dass wir eine bessere Versorgung für die Breite der Bevölkerung gewährleisten können. Also insbesondere, wo es nicht so viele Dermatologinnen und Dermatologen gibt."
Zahl der Erkrankungen steigt
Die Zahl der Neuerkrankungen an Hautkrebs steigt seit Jahren. Die Zahl der Todesfälle durch Hautkrebs ebenfalls, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. 2023 gab es rund 230.000 Todesfälle durch Krebs in Deutschland, darunter waren ca. 4.500 Fälle von Hautkrebs. 2003 waren es noch 2.800 Hautkrebs-Tote. Die vermuteten Gründe für den Anstieg: Immer mehr Menschen erreichen ein hohes Alter - und das Alter ist der größte Risikofaktor für Krebs.
Zudem kommen jetzt diejenigen in dieses relevante Alter, die sich in den 70er- und 80er-Jahren meist ohne Sonnenschutz an den Stränden oder im Freibad haben "grillen" lassen. Auch boten die Sonnencremes damals noch keinen ausreichenden Schutz.
Und es wird wesentlich mehr "gescreent", also auf Hautveränderungen hin von den Fachärzten untersucht: Wer mehr sucht, findet auch mehr.
Studie: Haut-Screenings verringern Sterblichkeit nicht
Eine Studie aus den USA, die Daten aus Deutschland analysiert hat, kommt zum Schluss, dass frühes Erkennen von Hautkrebs zwar den Behandlungserfolg erhöht. Zugleich zeigte die Studie aber, dass die Sterblichkeit dennoch insgesamt nicht sinkt.
Für Wilhelm Stolz ist das kein Grund, aufs Hautkrebs-Screening zu verzichten, weil durch Screening Krebsbehandlungen für die Patienten weniger belastend werden. "So ein System hilft, denn durch das frühzeitige Erkennen von Hauttumoren sind die Operationen kleiner und viel schonender für den Patienten." UV-Schutz ist Prävention, nicht die Früherkennung. Dennoch räumt auch Stolz ein: Die beste Vorsorge vor Hautkrebs ist der Schutz vor UV-Strahlung, also der Verzicht auf Solarium und Sonnenbaden sowie der Einsatz von Sonnenschutzmitteln und das Tragen von schützender Kleidung.