Eine Illustration zeigt, wie Weltraumschrott um die Erde kreist.

Weltraum Beschleunigt Satellitenschrott den Klimawandel?

Stand: 26.05.2025 16:29 Uhr

Immer mehr Satelliten kreisen im Orbit, die Folge: mehr Weltraummüll. Der ist nicht nur eine Gefahr für andere Flugobjekte, sondern auch für das Erdklima. Forschende fürchten Folgen für Atmosphäre und Ozonschicht.

Von Andreas Kegel, BR

Bis 2040 soll die Zahl von erdnahen Satelliten von heute 5.000 auf knapp 60.000 steigen. Verursacht vor allem durch Starlink oder Qianfan, die chinesische Satellitenkonkurrenz. Solche Satelliten haben eine Lebensdauer von etwa fünf Jahren und verglühen meist vollständig in der Atmosphäre. Die mehr als Verzehnfachung von Satellitenschrott könnte schwerwiegende Umweltfolgen haben.

Eine US-Forschergruppe des Umweltinstitutes CIRES um den Chemiker Christopher Maloney hat sich anhand von Modellen angesehen, was passieren könnte, wenn in Zukunft täglich Satelliten verglühen. Eine besondere Rolle spielt dabei das Aluminium, aus dem die Raumflugkörper zu etwa 40 Prozent bestehen. Es zersetzt sich in winzige Partikel und Gase.

Das Forschungsprojekt hat hochgerechnet, wie groß die Menge an Aluminiumwolken in der oberen und mittleren Atmosphäre sein wird. Das Ergebnis ist erschreckend: Jährlich sollen ab 2040 geschätzt 10.000 Tonnen Aluminiumoxid freigesetzt werden. Die Forschenden kommen auf diese Menge, weil sie von etwa 12.000 ausrangierten Satelliten pro Jahr ausgehen.

Gefahr: Erhitzung der Atmosphäre

Stratosphärisches Aluminium verbindet sich mit Sauerstoff zu Aluminiumoxid. Die Metallaerosole und andere Partikel würden wahrscheinlich mehrere Jahre in der Stratosphäre zirkulieren, so das US-Forscherteam. Zu viel Aluminiumoxid könnte dann laut den Modellrechnungen dazu führen, dass sich die mittlere Atmosphäre an den Erdpolen um 1,5 Grad erhitzt.

"Was wir in dieser Studie zeigen, ist, dass selbst aus grober Sicht das Potenzial besteht, dass diese Rückstandsaerosole Prozesse in der Stratosphäre und Mesosphäre beeinflussen - sei es durch Erwärmung oder durch Veränderungen in der Luftzirkulation", so Christopher Maloney. Die Infrarot-Strahlung der Erde wird, so die Theorie, durch die winzigen Metall-Partikel stärker absorbiert. Das führt zu mehr Erderwärmung. Zudem könnte es durch die Erhitzung zur Verringerung der Windgeschwindigkeiten in der südlichen Hemisphäre kommen.

Auch Stefanos Fasoulas vom Stuttgarter Institut für Raumfahrtsysteme fürchtet Auswirkungen auf das Klima. Doch er hält auch einen gegenteiligen Effekt für möglich: eine Abkühlung. Denn die winzigen Metallpartikel reduzieren auch die Sonneneinstrahlung. Ob die Gefahr der Erwärmung tatsächlich überwiege, müssten noch weitere Studien zeigen.

Gefahr für die Ozonschicht

Ein zweiter Effekt des verglühenden Weltraumschrottes, den die US-Studie nennt, ist eine Gefährdung der Ozonschicht. Aluminiumoxid ist ein bekannter "Ozonkiller".

Besonders heikel: Die Partikel gelangen offenbar erst mit einer Zeitverzögerung von bis zu 30 Jahren in die Ozonschicht. Die winzigen Satellitenpartikel greifen die Schutzschicht an. Bei diesem Punkt ist sich die Wissenschaft einig. Mehrere Forschergruppen aus Deutschland und den USA meldeten ähnliche Studienergebnisse.

Satelliten-Recycling als Lösung?

Welche Lösungen gäbe es für dieses Problem? Momentan ist das Ziel von ESA und NASA, dass die ausgedienten Satelliten nach Ende ihrer Lebenszeit möglichst vollständig in der Atmosphäre verglühen, um Weltraumschrott zu reduzieren.

Am Stuttgarter Institut für Raumfahrtsysteme wird jetzt ein neuer Weg erforscht, wie Raumflugkörper gebaut werden könnten, die nicht verglühen, sondern sozusagen am Stück wieder zur Erde zurückkommen. Um dann beispielsweise recycelt zu werden. Dabei muss insbesondere die Frage geklärt werden, wie der ausrangierte Satellit sicher und kontrolliert "nach Hause" kommt.

Auf jeden Fall sollten alle Akteure, die Satelliten ins All schießen, dazu verpflichtet werden, ihren Weltraummüll umwelt- und atmosphärenfreundlich zu entsorgen, findet Stefanos Fasoulas.

In einer früheren Textversion hieß es, dass Forschende von 3.000 Satelliten ausgehen, die pro Jahr verglühen. Es sind aber 12.000. Wir haben den Text angepasst und bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen