
Sherpas am Mount Everest Sie holen den Müll - und die Leichen
Am Mount Everest ist die Saison für Bergsteiger beendet. Nun steigen die Sherpas auf den Berg, um deren Müll einzusammeln. Und sie versuchen auch, Leichen verunglückter Kletterer ins Tal zu bringen.
Über eine tiefe Eisschlucht saust ein großer Sack Müll an einer Leine hinweg. 45 Tage lang haben zwölf Sherpas - die nepalesischen Bergführer - in diesem Jahr Müll gesammelt: Rund elf Tonnen.
Darunter zerfetzte Zeltplanen, Sauerstoffflaschen, Kletterwerkzeuge und unzählige Verpackungen. Nicht zu vergessen, all die ziemlich unappetitlichen Plastiktüten, die so genannten Poo Bags. Denn die Gipfelstürmer müssen ja auch mal für kleine Bergsteiger. Und viel zu viele von ihnen lassen ihre Exkremente einfach dort zurück.

Der höchste Berg der Welt ist das Ziel von immer mehr Bergsteigern - mit fatalen Folgen für die Natur.
Aufräumen ist für die Sherpas lebensgefährlich
Für die Sherpas ist die Aufräumaktion nicht nur unangenehm, sondern auch lebensgefährlich: "Es ist sehr schwer, den Everest zu besteigen", sagt Nim Gorge. Er leitet dieses Jahr die Aufräumaktion. "Es ist aber noch schwieriger, den Müll von dort herunter zu holen. Oft steckt er tief im Eis fest und wir müssen das alles dort herausklopfen."
Die Temperaturen am Everest können auf minus 40 Grad fallen, der Sauerstoffgehalt in der Luft sinkt um 60 Prozent.
Die Sherpas haben sich bei den Aufräumarbeiten mit dem Handy gefilmt. Auf einem Video ist zu sehen, wie sie versuchen, mit einer Spitzhacke versuchen eine Leiche aus dem Eis zu befreien. Rund 300 Menschen sind seit dem ersten Gipfelsturm im Jahr 1953 auf dem Everest ums Leben gekommen. Viele Leichen sind noch nicht geborgen und werden auch erst nach und nach entdeckt, weil das Eis in den Bergen immer mehr schmilzt.

Das Ergebnis wochenlanger Arbeit: Drei Sherpas posieren vor einem Berg von Müll.
Leichen in Müllsäcken
Nick Hollis, ein 45 Jahre alter Bergsteiger aus Großbritannien hat es dieses Jahr auf den höchsten Punkt der Welt geschafft und seine Erlebnisse zusammengefasst: "Eines der traurigen Dinge auf dem Everest ist die Zahl der Opfer", sagt er. "Gestern ist hier einer gestorben. Die Sherpas verstauen ihn gerade, damit er ins Tal gebracht werden kann. Wir sind an einigen Toten vorbei gekommen. Das ist wirklich traurig und zeigt uns auch, wie gefährlich es hier oben ist." Einige Leichen werden zusammen mit den Müllsäcken in Helikoptern bis in die Hauptstadt Kathmandu gebracht.
Seit 2014 soll jeder Bergsteiger eigentlich rund acht Kilogramm Müll wieder mit herunter nehmen, so viel wie jeder von ihnen im Durchschnitt produziert. Die Regierung in Nepal drängt Reiseveranstalter nun verstärkt dazu, Müll zu vermeiden, etwa durch die Einführung eines Pfandsystems. Expeditionen in die Berge müssen eine Kaution von rund 4420 Euro hinterlegen - Geld, das sie zurückerhalten, sobald ein Regierungsbeamter bestätigt hat, dass die Expedition "sauber" war.
Die Kontrollen werden allerdings nicht besonders strikt durchgesetzt. Zumal sich der Müll bereits seit Jahrzehnten ansammelt. Dieses Jahr fand zum ersten Mal eine Art Zeremonie statt: "Mach unsere Krone stolz" steht auf einem der Plakate.
"Der Everest nicht nur unser Berg"
Nim Gorge, der Leiter der Aufräumaktion, steht vor einem Müllberg, der mindestens doppelt so hoch ist wie er selbst:
Der Everest ist doch nicht nur unser Berg, er ist ein Eigentum der ganzen Welt. Wir Nepalesen produzieren hier keinen Müll, der kommt von den ausländischen Bergsteigern. Aber wir sind stolz, dass wir mit der Hilfe unserer Regierung diese Aufräumarbeiten leisten. Trotzdem finde ich, die ganze Welt sollte sich um den Erhalt des Everests mehr Gedanken machen.
Rund 200.000 Dollar soll die Aufräumaktion in diesem Jahr gekostet haben. Der Tourismus rund um den Everest bringt laut Schätzungen rund 300 Millionen Dollar nach Nepal.