Issa al H.

Gerichtsverfahren in Düsseldorf Angeklagter im Solingen-Prozess gesteht Messerangriff

Stand: 27.05.2025 14:49 Uhr

Drei Menschen hatte ein Messerangreifer bei einem Stadtfest in Solingen im vergangenen Jahr getötet: Zum Prozessbeginn in Düsseldorf hat der mutmaßliche Islamist Issa Al H. nun die Tat gestanden.

Im Strafprozess um den mutmaßlich islamistischen Terroranschlag von Solingen mit drei Toten hat der Angeklagte die Tat gestanden. In einer Erklärung, die seine Verteidiger für ihn abgaben, räumte der Syrer Issa Al H. den Messerangriff ein, bei dem drei Menschen starben. "Ich habe schwere Schuld auf mich geladen. Ich bin bereit, das Urteil entgegenzunehmen", heißt es in der Erklärung. Weiter ließ er verlesen: "Ich habe Unschuldige getötet, keine Ungläubigen." Er verdiene und erwarte für seine Tat eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Angeklagter soll IS-Terrorist sein

Der Strafprozess gegen den Syrer hat neun Monate nach der Messerattacke mit drei Toten auf dem Solinger Stadtfest in Düsseldorf begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord vor.

Bei den Todesopfern handelt es sich um zwei Männer (56 und 67 Jahre alt) und eine Frau (56). Acht Menschen wurden verletzt. Zwei Besucher soll der Angreifer knapp verfehlt, aber ihre Kleidung zerfetzt haben. Auch diese Attacken wertet die Bundesanwaltschaft als Mordversuche.

Außerdem soll er IS-Terrorist sein und wenige Stunden vor der Tat am Abend des 23. August 2024 dem sogenannten Islamischen Staat (IS) in Videos die Treue geschworen haben. Laut Anklage wollte der Beschuldigte "Vergeltung" für Militäreinsätze von westlichen Staaten in Syrien oder den Palästinensergebieten üben.

Er habe in islamistisch-dschihadistischen Foren gezielt Kontakt zum IS gesucht, sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft kurz vor Beginn des Prozesses. Ideologische Operateure des IS hätten ihn dann - auch bei der Auswahl der Tatwaffe - angeleitet.

Seine völlig überraschten Opfer habe er mit einem Messer meist von hinten attackiert und mit einem gezielten Stich in den Hals verletzt. Mehrfach habe er dabei "Allahu akbar" gerufen. Das letzte Opfer habe Widerstand geleistet, ihn getreten und abgewehrt.

Angeklagter soll Tat als "Dummheit" beschrieben haben

Ein psychiatrischer Sachverständiger schilderte, dass der Angeklagte ihm gesagt habe, er könne sich nur an einen Angriff erinnern. Er sei während der Tat nicht klar im Kopf gewesen. Nach den Schilderungen des Sachverständigen sagte Issa al H., dass er sich selbst als Opfer sehe. Er sei kein radikaler Islamist, sondern sei von radikalen Chatpartnern so stark beeinflusst worden, dass er nicht mehr bei Bewusstsein gewesen sei.

Die Tat soll er in den Gesprächen als "Problem" oder "Dummheit" beschrieben haben. Teils habe er auch die Existenz mehrerer Opfer in Frage gestellt.

Psychiater: Angeklagter bezeichnete sich nicht als streng religiös

Der Syrer habe ihm erzählt, dass ihn Bilder des Kriegs im Gazastreifen von getöteten palästinensischen Kindern sehr bewegt hätten. Er habe diese Bilder auf seinem Telegram-Kanal weiterverbreitet und sei daraufhin von einem Unbekannten angeschrieben worden, der ihn aufgefordert habe, einen Anschlag in Deutschland zu begehen. Die Deutschen seien mitverantwortlich. Dieser Mann habe ihm das Gehirn gewaschen, er sei hereingelegt worden und letztlich selbst ein Opfer.

Im Gegensatz zur Anklage führte der Psychiater aus, Issa Al H. habe sich selbst nicht als streng religiös oder salafistisch bezeichnet. Er rauche, ziehe Actionfilme der Koranlektüre vor und habe schon manches Freitagsgebet verschlafen. Deutschland sei für ihn ein schönes Land. "Hier kann man ein Leben führen, wie man es möchte", habe er gesagt. Er wäre nicht nach Deutschland geflüchtet, wenn er die Menschen hier als Ungläubige abgelehnt hätte. Nur Freunde habe er hier nicht gefunden.

Prozess im Hochsicherheitstrakt

Der Prozess findet im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf statt. Sowohl Verletzte als auch Angehörige von Todesopfern des Anschlags treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Insgesamt sind es zwölf Nebenkläger.

Zunächst wurden 22 Verhandlungstage angesetzt. Mehr als 50 Zeugen sollen befragt werden, hinzu kommen vermutlich mehrere Gutachter. Das Urteil könnte am 24. September verkündet werden.

Dem Angeklagten drohen im Fall einer Verurteilung lebenslange Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Die Verhandlung verfolgte der Angeklagte meist mit dem Kopf nach unten gestützt. Nur selten, etwa wenn der Richter ihn direkt ansprach, schaute er nach oben.

Abschiebung des Mannes war gescheitert

Issa Al H. hätte eigentlich schon 2023 den EU-Asylregeln zufolge nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Als er aus der Flüchtlingsunterkunft abgeholt werden sollte, war er aber nicht aufzufinden. Ein weiterer Rückführungsversuch wurde nicht unternommen.

Der Anschlag hatte die politische Diskussion um Abschiebungen und Innere Sicherheit befeuert. Ein Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag befasst sich unter anderem mit der Frage, warum die lange vor der Tat angesetzte Rücküberstellung H.s nach Bulgarien scheiterte.