Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach

Bayern Drogenpolitik: Bayern will Internetsucht bekämpfen

Stand: 19.05.2025 19:30 Uhr

Bayern hat seine Drogenpolitik überarbeitet. Die Staatsregierung will die Internetsucht genauer in den Blick nehmen. Ansonsten bleibt vieles beim Alten: keine Drogenkonsumräume und ein restriktiver Umgang mit Cannabis. Die SPD lobt und kritisiert.

Von Regina Kirschner

Die Internet- und Computerspielsucht: Das ist laut Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach eine neue Herausforderung im Kampf gegen Suchterkrankungen – und eine der größten. "TikTok und Co: Das sind einfach Dinge, die heutzutage von jungen Menschen gerade extrem konsumiert werden und teilweise auch den Alltag sehr bestimmen", sagt Gerlach, als sie das "Update" der bayerischen Drogenpolitik vorstellt. Die bisherigen Grundsätze waren aus dem Jahr 2007 und wurden nun überarbeitet. Fast 20 Jahre später gibt es schließlich neue Herausforderungen wie eben die Internetsucht.

Immer mehr Kinder und Jugendliche würden exzessiv soziale Medien, Streamingdienste und Computerspiele konsumieren, betont auch Marcel Romanos, der Sonderbeauftragte des Ministeriums für psychische Gesundheit und Sucht. "Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zeigen nach den Kriterien der WHO einen riskanten Mediennutzungskonsum." Dabei gebe es auch einen Zusammenhang mit psychischen Störungen.

Lob und Kritik der SPD

Ruth Waldmann, Gesundheitsexpertin der SPD im Landtag, begrüßt den neuen Fokus der Staatsregierung auf die Internetsucht bei Kindern und Jugendlichen. Allerdings hätte die Staatsregierung bereits einiges tun können, kritisiert Waldmann. Ihr Vorschlag: mehr Schulsozialarbeit etwa.

Aber vor allem müsse die Staatsregierung auch die außerschulische Jugendarbeit stärken, um Medienkompetenz zu verbessern. "Wir müssen das gesamte Lebensumfeld der jungen Leute mit einbeziehen, und da gibt es immer eine ganze Menge zu tun." An der Jugendarbeit dürfe im Haushalt daher nicht gespart werden, mahnt die SPD-Politikerin.

Konkrete Präventionsmaßnahmen noch in Arbeit

Der Experte des Ministeriums, Marcel Romanos, ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Er verweist darauf, dass beim Thema Internetsucht noch viele Fragen offen seien. Wirksame Behandlungs- und Präventionsansätze müssten erst entwickelt werden. Seiner Meinung nach braucht es dabei einen "engen Schulterschluss mit der Pädagogik". Denn bei vielen Eltern gebe es eine große Unsicherheit: Was darf ich meinem Kind erlauben? Was muss ich ihm verbieten? "Und gerade hier brauchen wir eine gute gemeinsame Strategie", sagt Romanos.

Sucht-Prävention, besonders bei jungen Menschen, stehe klar im Fokus der Staatsregierung, bekräftigt Gerlach. Bayern gebe dieses Jahr mit etwa neun Millionen Euro etwa soviel für Präventionsangebote aus, wie die Bundesregierung für ganz Deutschland. Miteinberechnet sind hier alle Formen der Suchtprävention, also auch der Kampf gegen Alkohol, Cannabis oder Kokain zum Beispiel.

Keine Drogenkonsumräume in Bayern

Drogenkonsumräume lehnt Bayern weiterhin ab. Dass der Besitz von bestimmten Drogen illegal sei, der Konsum aber in solchen Einrichtungen dann toleriert würde, sei ein Widerspruch, argumentiert Gerlach. Experten und Akteure aus dem Bereich der Suchthilfe hingegen machen sich schon lange für Konsumräume in Bayern stark. Diese könnten die Zahl der Drogentoten verringern, lautet die Begründung. 2024 gab es in Bayern laut Ministerium 214 Drogentote.

In neun anderen Bundesländern sind Drogenkonsumräume gesetzlich erlaubt. Die SPD im bayerischen Landtag spricht sich ebenfalls für Konsumräume aus. Damit könnten Leben gerettet und eine offene Drogenszene verhindert werden, sagt die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann.

Cannabis-Legalisierung: Staatsregierung bleibt bei restriktivem Kurs

Auch beim Thema Cannabis gehen die Meinungen auseinander. Die SPD-Politikerin betont die Vorteile der Legalisierung, wie etwa das Eindämmen des Schwarzmarkts. Die Staatsregierung hingegen bleibt bei ihrem restriktiven Kurs. Gerlach warnt davor, dass der Konsum bei Jugendlichen zunehmen werde.

Durch das Cannabis-Gesetz des Bundes ist für Volljährige der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum zum Eigenkonsum erlaubt. In der privaten Wohnung darf man bis zu 50 Gramm aufbewahren. Für Minderjährige sind Konsum und Anbau weiterhin verboten. Trotzdem befürchtet Gerlach: "Die Legalisierung führt natürlich dazu, dass der Staat einen Stempel auf die Droge setzt, dass man das jetzt konsumieren darf und verharmlost damit diese Droge." Junge Menschen könnten nun denken, Cannabis sei "schon nicht so schlimm, wenn der Staat das Ganze erlaubt". Gerlach hofft, dass die im Bund für Herbst vereinbarte Evaluierung des Gesetzes im Sinne Bayerns ausfallen wird und die neue Bundesregierung die aktuellen Cannabis-Regelungen zurücknimmt.

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Quelle: BR24 - Informationen am Abend 19.05.2025 - 17:30 Uhr