
Mecklenburg-Vorpommern Hamburg Schleswig-Holstein Niedersachsen Viel Glasfaser im Norden: Wie gut ist Ihre Region versorgt?
Beim Ausbau von Glasfaser hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher. An Norddeutschland liegt es nicht: Hier haben besonders viele Menschen schnelles Internet. Aber die Zahlen verraten nur einen Teil der Geschichte.
Die Wellen der Nordsee sind rau vor Büsum, wie gemacht zum Surfen. Doch im Landkreis Dithmarschen kommen nicht nur Wassersport-Fans auf ihre Kosten, sondern auch Menschen, die gern schnell im Internet surfen. Denn der Breitbandausbau ist in Büsum weiter als in den meisten Teilen Deutschlands. Mehr als vier von fünf Haushalten sind in dem kleinen Hafenort laut amtlicher Statistik ans Glasfasernetz angebunden.
Was in Büsum funktioniert hat, kommt bundesweit nur schleppend voran. Gerade einmal jeder dritte Haushalt kann in Deutschland mit Breitbandtempo ins Netz gehen. Der Vorteil dieser Technologie: Glasfaserkabel übertragen Daten mit Geschwindigkeiten von bis zu 1.000 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) - viermal schneller als mit der bisherigen Technologie.
Deutschland bummelt - aber Spitzenwerte im Norden
Langfristig soll Glasfaser das bestehende Netz aus Kupfer ersetzen. Viele Verteilerkästen sind bereits angebunden. Damit das schnelle Internet überall ankommt, müssen die Glasfaserleitungen bis ins Haus führen - an dieser Stelle stockt der Ausbau. Die frühere Ampel-Koalition wollte eigentlich eine flächendeckende Versorgung bis 2030 erreichen. Mit einem Blick auf die Zahlen bezweifeln Experten, ob das noch zu schaffen ist.
Schaut man sich nur die norddeutschen Bundesländer an, bessert sich das Bild. In Hamburg sind der Bundesnetzagentur zufolge fast drei Viertel aller Haushalte ans Glasfasernetz angeschlossen - der bundesweite Spitzenwert. Schleswig-Holstein (62 Prozent) und Niedersachsen (60 Prozent) erreichen die Plätze 2 und 3. Direkt dahinter folgt Mecklenburg-Vorpommern, wo etwas weniger als die Hälfte der Haushalte mit Breitbandgeschwindigkeit surfen können. Schlusslichter sind das Saarland und Thüringen. Nur jeder sechste Haushalt hat hier einen Breitbandzugang.
Die Daten hinter den Grafiken
Die statistischen Daten stammen aus dem "Breitbandatlas" der Bundesnetzagentur (Stand: Juni 2024). Der Atlas basiert auf adressgenauen Angaben der Internetanbieter. Sie müssen der Behörde seit 2021 ihre Versorgungsdaten melden. Die Statistik gibt allerdings nur Aufschluss über die Verfügbarkeit von Glasfaser, nicht über die tatsächliche Kundenzahl. Die Bundesnetzagentur unterscheidet außerdem nicht zwischen Angeboten für Privat- und Geschäftskunden. Es könnte also vorkommen, dass eine Adresse als versorgt gemeldet wird, obwohl Glasfaser dort bislang nur für Firmen verfügbar ist.
Warum der Norden beim Ausbau vorn liegt
Die Daten der Bundesnetzagentur, die das NDR Datenteam ausgewertet hat, zeigen: Es sind nicht allein die Großstädte, die über ein weit verzweigtes Glasfasernetz verfügen. Auch viele kleine Orte im Norden - etwa das holsteinische Büsum - treiben die Ausbauquote in die Höhe.
"Der Ausbau auf dem Land hat seine Vorteile", sagt Jan Simons vom Breitband-Verband BREKO. Um die Haushalte miteinander zu verbinden, müssten zwar größere Strecken zurückgelegt werden als in der Stadt. "Allerdings ist der technische Rückstand bei der Verkabelung auf dem Land größer, sodass sich die Investition in Glasfaser für die Unternehmen mehr lohnt", erklärt Simons. Dem Norden insgesamt komme die flache Geografie zu Gute. In Regionen mit mehr Gebirge, etwa im Süden Deutschlands, sei es aufwändiger, die Kabel unter die Erde zu bringen.
Nicht überall rechnet es sich für die Anbieter, Glasfaser auf eigene Kosten auszubauen. Hier springen Bund, Länder und Kommunen ein, beispielsweise in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns. Die Nord-Länder bewiesen bei der Verteilung dieser Gelder ein glückliches Händchen, sagt BREKO-Mann Simons. Maßgeblich für das gute Abschneiden Norddeutschlands sei diese verantwortungsvolle Förderpolitik.
Lohnt sich der Wechsel zu Glasfaser überhaupt?
Was die Daten der Bundesnetzagentur nicht zeigen: Die Begeisterung der Deutschen für die neue Technologie hält sich in Grenzen. Dem Branchenverband FTTH Council Europe zufolge nehmen hierzulande ungefähr 26 Prozent der Haushalte ein vorliegendes Glasfaserangebot an, deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von rund 53 Prozent. Ein neues Glasfaserkabel unter der Straße sorgt also nicht automatisch für mehr Glasfaserkunden. Die meisten Nutzerinnen und Nutzer scheinen mit ihrer bisherigen Bandbreite zufrieden zu sein.
Glasfaser und DSL: Was ist der Unterschied?
Glasfaser ist deutlich schneller als DSL - besonders, wenn man Daten hochlädt. Das merkt man zum Beispiel bei Videokonferenzen oder, wenn man große Dateien verschicken möchte. Oft heißt es, Glasfaser sei so schnell, weil Daten dort "mit Lichtgeschwindigkeit flitzen" würden, während sie in Kupferkabeln (DSL) "kriechen" würden. Ganz so einfach ist es aber nicht: Die Signale bewegen sich in beiden Leitungen tatsächlich ähnlich schnell. Der echte Unterschied liegt in der Datenmenge: Glasfaserkabel können mehr Signale, also Informationen, gleichzeitig übertragen.
Lohnt sich der Umstieg zu Breitband? Eine Frage, die Jana von Bibra häufig gestellt wird. "Ja - dennoch kommt es auf den eigenen Bedarf und die Lebensumstände an", antwortet die Expertin von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. "Wie nutze ich das Internet? Mit wie vielen Personen lebe ich in einem Haushalt? Welche Anwendungen werden verwendet?" Für viele Gelegenheitssurfer reiche heutzutage eine Leitung mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 100 Megabit pro Sekunde.
Bei Familien könnte es schon enger werden: Sind Kinder und Eltern gleichzeitig im Netz, könnten die Leistungsgrenzen der Kupferkabel erreicht werden. "Es wird in Zukunft immer mehr Geschwindigkeit gebraucht", sagt von Bibra und nennt Streaming, Videospiele, Home-Office und Videokonferenzen als Beispiele. Wer flüssig im Netz unterwegs sein will, werde früher oder später umrüsten müssen, so die Verbraucherschützerin.
Manche Regionen können von Breitband nur träumen
Einige ländliche Regionen in Norddeutschland stehen vor ganz anderen Problemen: Ihr Kupfernetz ist veraltet, sodass sie nicht einmal Zugang zu Geschwindigkeiten von 100 Megabit pro Sekunde haben. Das betrifft laut Bundesnetzagentur fast ein Drittel der Haushalte rund um Wittmund in Ostfriesland. Und es könnte zum Standortnachteil werden, da viele Firmen schon heute auf schnelle Bandbreiten angewiesen sind, um Daten schnell um den Globus schicken zu können.
Auch jenseits der norddeutschen Ländergrenzen surft es sich schneller im Internet. In Dänemark liegt die Ausbauquote laut FTTH Council Europe bei 87 Prozent, in den Niederlanden gar bei 93 Prozent. Auch in Polen können 70 Prozent der Haushalte mit Breitbandgeschwindigkeit surfen. Der europäische Branchenverband kommt für Deutschland zu einer etwas höheren Ausbauquote von 42 Prozent - der viertletzte Platz beim Breitbandausbau. Diese Zahlen zeigen: Deutschland muss weiter aufholen.
Dieses Thema im Programm:
Norddeutschland kompakt | 27.05.2025 | 06:11 Uhr