
Nordrhein-Westfalen ESC-Finale: Was dieses Jahr anders ist
Endlich: Das Finale des Eurovision Song Contest läuft. Lange gab es nicht mehr so viel Hoffnung für Deutschland. Und noch einiges ist anders.
Das große Finale beim Eurovision Song Contest in Basel läuft. Aufregung gab es im Vorfeld schon einige - aber das Wetter passte perfekt, ein WDR-Reporter vor Ort berichtet von viel guter Stimmung.
Mit mehr als 160 Millionen Zuschauern ist der ESC das größte Musikspektakel der Welt. Wie der Abend ausgeht, ist noch unklar. Einige Fragen aber lassen sich schon jetzt beantworten.
- Wer sind die Favoriten?
- Wie stehen die Chancen diesmal für Deutschland?
- Was ist in diesem Jahr anders als früher beim ESC?
- Wer darf im Finale beim Voting abstimmen?
- Ist ein Eklat zu befürchten?
- Warum ist Deutschland eigentlich automatisch im Finale dabei?
- Wo und wie kann man das Finale am Bildschirm verfolgen?
Wer sind die Favoriten?

Die Musikgruppe KAJ mit dem Lied "Bara bada bastu"
Nach Einschätzung der Wettbüros steht der Sieger so gut wie fest: Das für Schweden antretende Trio KAJ ist mit seinem Sauna-Lied "Bara bada bastu" (Einfach in die Sauna gehen) in den Vorhersagen der Favorit. Sollten sie gewinnen, wären es der bereits achte ESC-Sieg für Schweden - und damit ESC-Rekord.
Der Ulk-Song "Bara bada bastu" kommt mit einfachen Mitgröl-Parolen daher - wie "Ohhh-ee-oh-ee-oh-ee-ohhh" oder "Saunaaaaa", die beim Publikum offenbar gut verfangen.
Ganz weit vorne bei den Prognosen liegt aber auch der finnische Beitrag. Ihren deutschen Titel "Ich komme" performt die Sängerin Erika Vikman mit einer wilden Bühnenshow und anzüglichen Posen.
Ein dritter Favorit ist der mutige Auftritt des Österreichers "JJ", der auf einer Schiffsattrappe vor Bildern eines tosenden Ozeans singt. Seinen Titel "Wasted Love" singt der 24-jährige, der eigentlich Johannes Pietsch heißt und in Dubai aufwuchs, in einer sehr hohen Countertenor-Stimme.
Wie stehen die Chancen diesmal für Deutschland?
Gar nicht mal so schlecht - im Vergleich zu den vergangenen 15 Jahren. Der letzte große Erfolg eines deutschen ESC- Beitrags liegt mittlerweile schon 15 Jahre zurück. Vier mal - 2015, 2016, 2022 und 2023 - landete Deutschland seitdem auf dem bitteren letzten Platz, zuletzt mit dem Titel "Blood & Glitter" der deutschen Band "Lord of the lost".

ESC-Gewinnerin 2010 in Oslo: Lena Meyer-Landrut
2010 stand die damals 19-Jährige Lena Meyer-Landrut fröhlich, im schlichten Kleid und ohne den Show-Pomp, der sonst beim ESC so üblich ist, auf der Bühne. Mit ihrem Lied "Satellite" startete sie direkt auf den ersten Platz durch. Seitdem aber sah es, gelinde gesagt, mau aus für die deutschen Kandidaten.
Umso überraschender die bislang begeisterten Reaktionen auf das junge Geschwisterpaar Abor & Tynna mit ihrem Titel "Baller". Am Tag vor dem ESC-Finale kletterte das Duo in den internationalen Wettbüros auf Platz 14 der 26 Finalisten. Da die Buchmacher zwar beim Sieger regelmäßig richtig liegen, bei den weiteren Platzierungen aber nicht, könnte noch mehr drin sein. Meint sogar der letztjährige Gewinner Nemo: Er sprach von einem "unglaublich starken Act", ein Platz unter den Top 10 könne "wirklich drin liegen".
Was ist in diesem Jahr anders als früher beim ESC?
Die Turbulenzen beim letzten ESC 2024 in Malmö haben die Veranstalter veranlasst, einige Neuerungen einzuführen, die vor allem die Fans vor Ort mitbekommen werden.
- Erstmals gibt es einen verpflichtenden Verhaltenskodex: "Alle Beteiligten – von Künstlerinnen und Künstlern über Delegationen bis hin zu Medienschaffenden – müssen sich zu einem respektvollen, professionellen Verhalten und zur Einhaltung lokaler Gesetze bekennen." Damit soll verhindert werden, dass der Musikwettbewerb politisch instrumentalisiert wird.
- Ein sogenanntes "Sorgfaltsprotokoll" soll die Künstler besser schützen: Weniger öffentliche Proben, mehr Erholungszeit und klar geregelte Drehverbote Backstage. Im vergangenen Jahr hatte es einen Eklat gegeben, als der niederländische Kandidat Joost Klein eine Kamerafrau angegangen war, die ihn auf einem Gang hatte filmen wollte. Joost wurde daraufhin wenige Stunden vor dem Finale disqualifiziert.
- Angesichts der angespannten Sicherheitslage in Europa hat die schweizer Polizei ein aufwändiges Sicherheitskonzept entwickelt. Rund 1.300 Polizistinnen und Polizisten sollen im Einsatz sein, zusätzlich viele Spezialkräfte auch der Schweizer Armee. Es gibt Sicherheitsschleusen wie an Flughäfen, Überwachungskameras, Straßensperrungen und ein Drohnen-Flugverbot über Basel.
- Erstmals laufen mobile Awareness-Teams über das Gelände in Basel - erkennbar an pinkfarbenen Westen. Außerdem gibt es sogenannte "Safer Spaces" - sichere Rückzugsorte an vier Standorten, darunter in der St. Jakobshalle und im Eurovision Village.
Wer darf im Finale beim Voting abstimmen?
Im Finale entscheidet wie jedes Jahr die Jury der Länder, deren Stimmen zu 50 Prozent zählt. Die andere Hälfte des Votings bestimmt das Publikum. Für die Halbfinals wurde dieses Juryvotum abgeschafft. Beim ESC 2022 gab es den Vorwurf, dass sich im zweiten Halbfinale die Jurys von sechs Ländern abgesprochen hätten, füreinander zu stimmen. Die EBU hatte daraufhin diese Stimmen nicht gewertet und durch berechnete Punkte ersetzt.
Ist ein Eklat zu befürchten?
Zwar gab es im Vorfeld einige Spannungen - besonders um die Teilnahme Israels. In einem Statement hatten 72 frühere ESC-Teilnehmer gefordert, den israelischen Rundfunksender KAN - und damit auch die Sängerin Yuval Raphael - vom Wettbewerb auszuschließen. Bei der Eröffnungsparade am vergangenen Sonntag musste Raphael einige Buhrufe über sich ergehen lassen, viele Zuschauer schwenkten Protestschilder oder Palästina-Flaggen.

Israels Kandidatin Yuval Raphael
Bei ihrem Auftritt im zweiten Halbfinale überwog aber der tosende Applaus bei weitem. Dass die Stimmung in Basel bislang insgesamt recht entspannt war, liegt wohl auch am Veranstaltungskonzept. Polizei sei überall zu sehen, berichtet WDR-Reporter Marspet Movsisyan, der vor Ort ist und schon zum achten Mal beim ESC. Doch die Sicherheitskräfte träten längst nicht so bedrohlich auf wie 2024 in Malmö, wo es auch bereits Spannungen um die Teilnahme Israels gab.
In Schweden seien Zuschauer auf dem Weg zu den Shows zum Boykott aufgefordert und beschimpft worden, berichtet WDR-Reporter Movsisyan. In Basel sei davon bislang nichts zu sehen gewesen. Auch würden Animateure den Fans auf der Bühne unermüdlich klarmachen, dass der ESC ein Fest sei, bei dem es "um Liebe geht, nicht um Hass".
Israels Sängerin Yuval Raphael zeigte sich bislang gelassen: Sie habe mit Buhrufen gerechnet, sagte sie in einem Interview mit der "Welt". "Ich habe vier Monate lang täglich geübt – mental wie körperlich."
Warum ist Deutschland eigentlich automatisch im Finale dabei?
Vor allem, weil Deutschland einer der größten Geldgeber der Europäischen Rundfunkunion (EBU) ist, die das Festival veranstaltet. Die weiteren sogenannten "Big-Five"-Länder sind Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien.
Wo und wie kann man das Finale am Bildschirm verfolgen?
In Deutschland wird das Finale am Samstag, den 17.05.2025, ab 21 Uhr sowohl im Ersten als auch auf ONE ausgestrahlt. Online gibt es außerdem den Livestream auf eurovision.de.
Hörgeschädigte oder blinde Zuschauer können online und im Fernsehen Barrierefreiheut nutzen: Mit Untertiteln - auch zum Kommentar von Thorsten Schorn -, Audiodeskriptionen und Übersetzungen in deutsche Gebärdensprache. Einstellen lässt sich das an der Fernbedienung - entweder über den Teletext, mithilfe der Digitalfunktion oder über HbbTV. Online lassen sich Untertitel mit einem Klick auf das Barrierefreiheits-Symbol zuschalten.
Zusätzlich gibt es unzählige Public Viewings in NRW - indoor und im Freien.
Unsere Quellen:
- Homepage des Eurovision Song Contest
- Nachrichtenagentur dpa
- WDR-Reporter vor Ort