Cartoon: Eine Katze verheiratet zwei Mäuse.

Thüringen Darum begeistert Uli Stein noch heute

Stand: 26.05.2025 14:56 Uhr

Mit seinen humorvollen Cartoons wurde Uli Stein (1946-2020) zum wahrscheinlich bekanntesten Cartoon-Zeichner Deutschlands. Fünf Jahre nach seinem Tod zeigt das Sommerpalais Greiz in Thüringen erneut eine Ausstellung seiner Arbeiten. Das Thema diesmal: schwarzer Humor. Die mehr als 100 Bilder sind meist nicht politisch korrekt und haben Shitstorm-Potential.

Von Wolfgang Schilling, MDR Kulturdesk

Uli Stein? Da war doch was. Richtig, eine ikonische Tierfigur, die noch immer – oder gerade wieder – in unsere Zeit des individuellen Widerstands gegen alles und jeden steht. Ulf Häder, der Chef des Satiricums im Greizer Sommerpalais, weiß sofort, welcher Cartoon gemeint ist: "Der Pinguin mit dem Schild 'Dagegen'. Das ist ein richtiges Kulturgut geworden und hat sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Das zu schaffen ist eine Leistung", sagte er MDR KULTUR zur Eröffnung der Ausstellung "Uli Stein. Vorsicht Steinschlag!" in Greiz.

Cartoon: Ein Mann liegt erschlagen von einem großen Stein auf dem Boden.

Das Titelbild zur Ausstellung in Greiz: "Uli Stein. Vorsicht Steinschlag!" ist ein Beispiel für Uli Steins schwarzen Humor.

Der erste Cartoon-Zeichner, der Marketing versteht

Uli Stein war nicht nur ein hervorragender Zeichner, sondern auch ein Mann, der seine zweidimensionalen Kunstwerke auf Papier zum dreidimensional-greifbaren Merchandise-Erfolg zu pushen verstand. Und so gab es den Pinguin auch als Plüschfigur, die bekannten Mäuse als Schlüsselanhänger und auf Kaffeetassen.

"Es hängt zum einen sicherlich damit zusammen, dass er aus den alten Bundesländern kommt und die Marktwirtschaft kennt. Das ist natürlich etwas, was man im Osten erst lernen musste, wenn wir das vergleichen mit unserer traditionellen Klientel. Wir sind das Museum für die Karikatur, die zu DDR-Zeiten gepflegt wurde", sagte Satiricum-Chef Ulf Häder.

Cartoonist Uli Stein auf der Buchmesse in Frankfurt, Deutschland 1993

Uli Stein auf der Frankfurter Buchmesse im Jahr 1993: Seine amüsanten Zeichnungen kommen beim Publikum sehr gut an.

Zum Aufklappen: Was ist das Satiricum in Greiz?

Das Satiricum Greiz wurde 1975 als nationale Karikaturensammlung der DDR eingerichtet. Die Gründung erfolgte durch Initiative der im Verband Bildender Künstler organisierten Karikaturisten und Pressezeichner der DDR und der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz. Neben dem Erwerb von Karikaturen entfaltete sich auch eine rege Ausstellungstätigkeit, die ihre Höhepunkte in den Greizer Biennalen zur DDR-Karikatur erfuhr. Seit 1994 wird die Tradition mit den Triennalen der Karikatur fortgesetzt.

Nach 1990 wurde die Sammeltätigkeit auf den gesamten deutschsprachigen Raum ausgeweitet, wobei die Karikatur im Osten Deutschlands weiterhin einen Schwerpunkt bildet. Die Sammlung stützt sich auf einen reichen musealen Fundus an historischen Karikaturen des 17. bis 19. Jahrhunderts aus zumeist fürstlichem Besitz.

Quelle: Satiricum Greiz

Seit der Wende sei man in Greiz freilich nicht mehr nur für die Künstlerinnen und Künstler des Ostens zuständig. Doch es sei deutlich, dass das Thema Marketing bei Uli Stein ganz deutlich ausgeprägt ist, sagt Karikaturenexperte Häder und ergänzt: "Es würde nicht funktionieren, wenn nicht eine Qualität dahinter stehen würde."

Cartoon: Ein Gärtner tritt jeden Moment auf eine Harke und verletzt sich schwer.

Satiricum-Chef Ulf Häder sieht in den Cartoons von Uli Stein hohe Qualität.

Bücher mit Karikaturen in BRD und DDR

Und diese Qualität führte laut Häder in den frühen 1970ern dazu, dass die damals vorrangig im Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt verortete Karikatur den Buchmarkt eroberte. Auch hier dürfe man Uli Stein zu den Pionieren zählen. "Er war im Westen der Türöffner, dass ich ein Buch mit Cartoons herausbringen kann – dass das ein erfolgreiches Produkt sein kann. Viele Verlage sind erst über Uli Stein darauf gekommen, mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten, um dann diesen Markt zu entwickeln."

In der DDR sei das schon früher der Fall gewesen. "Durch den Eulenspiegelverlag hat es hier schon früher Karikaturenbücher gegeben. Aber nicht in dieser Fülle und Konsequenz, die der Markt im Westen dann bereitgehalten hat."

Ein fürstlicher Saal mit Kronleuchter und ausgestellten Cartoons von Uli Stein.

Im Gartensaal des Sommerpalais Greiz zeigt das Satiricum für ein halbes Jahr Werke von Uli Stein.

Uli Stein in Greiz: Ausstellung bringt zum Lachen

In Greiz hängen seine Blätter nun edel gerahmt an der Wand und wollen die Betrachter zum Lachen bringen – mit Pinguinen, Mäusen und Ehepaaren.

So steht auf einem die strubbelhaarig, knollennasige Frau im Türrahmen, mit der besten Freundin telefonierend. "Erwin? Ach, der hängt wieder vor der Glotze", spricht sie in den Hörer – während ihr Mann sich im Wohnzimmer den Strick genommen hat und über dem Sofa baumelt. Letzte Szene einer Ehe. Typisch für den schwarzen Humor des vor fünf Jahren selbst ganz friedlich gestorbenen Karikaturisten, der an Parkinson litt, mit seinem Werk aber offensichtlich nicht totzukriegen ist.

Sofern der Humor verstanden wird, auch von künftigen Generationen, ist er unsterblich. Ulf Häder, Satiricum Greiz |

"Sofern der Humor verstanden wird, auch von künftigen Generationen, ist er unsterblich", ist sich Satiricum-Chef Ulf Häder sicher. Doch da sei die Frage, ob sich die Maßstäbe ändern. "Wir wissen, dass die Halbwertzeit von politischer Karikatur oft sehr kurzlebig ist. Aber Uli Stein ist auf den ersten Blick wenig politisch." Es gehe bei Uli Stein ins Zwischenmenschliche, ins Sprachliche. "Und da denken wir schon, dass sich das behaupten wird. Die Frage ist, ob er mit seinen Tabu-Brüchen, die er begeht, künftig noch politisch korrekt sein wird."

Cartoon: Ein Mann bedroht einen anderen und fordert Geld.

Viele der Themen in der Ausstellung in Greiz sind auch heute noch – oder wieder – aktuell.

Shitstorm möglich

Ulf Häder denkt dabei an Motive aus seiner Ausstellung mit – sagen wir mal – Shitstorm-Potential. So sagt auf einem der Werke ein körperlich versehrter Mensch ohne Beine, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, zu seinem Hund: "Bei Fuß". "Hier ist die Frage, wie das Publikum reagiert", meint Häder.

"Bei dem Hund ist dann nur ein Fragezeichen in der Sprechblase, weil er nicht weiß, wo er hingehen soll. Dann ist das natürlich eine Komik, die vielleicht auf Kosten dieses Menschen geht. Aber wir wissen aus anderen Ausstellungen und von unserem Ausstellungsagenten, dass wir ein Schild über der Tür anbringen: "Vorsicht – Lachen gefährdet Ihre Krankheit". Das kann die Ausstellung im besten Fall erreichen. Wobei der Eintrittspreis leider nicht von der Krankenkasse übernommen wird.

Mehr zur Ausstellung

"Uli Stein. Vorsicht Steinschlag!"
24. Mai 2025 bis 2. November 2025

Gartensaal im Sommerpalais Greiz
Fürstlich Greizer Park
07973 Greiz (Thüringen)

Öffnungszeiten:
April–Oktober 11 bis 17 Uhr
November–März 11 bis 16 Uhr
montags und dienstags geschlossen, Pfingstmontag geöffnet

Preis: 6 Euro, ermäßigt 4 Euro

Quelle: MDR KULTUR (Wolfgang Schilling), redaktionelle Bearbeitung: lk